Freitag, 29. Mai 2015

Tropfen reicht nicht, Blut muss spritzen!

Na, lieber Leser, was haben Sie, was hast Du mit dem Klick auf diesen Post erwartet? Vielleicht das, was in der Überschrift steht? Tja, damit sind wir mitten im Thema:
 

Wettkampf der Grausamkeit

"Wieso werden Thriller immer brutaler? Krimispezialistin Miriam Semrau hat genug von den Gewaltorgien. Sie fordert Spannung statt Schlachtplatte."

Weil ich "Krimimimi" gut finde, und den Artikel richtig, richtig gut, musste ich meinen Senf dazu abgeben:

Das spricht mir aus dem Herzen! Als Krimiautorin UND Kriminalkommissarin. Die Kunst, einen spannenden Krimi zu schreiben (oder auch filmisch in Szene zu setzen), besteht eben genau darin, das Kopfkino des Lesers/Zuschauers in Gang zu setzen. Dazu benötigt man Zeit: für Recherche, für die sprachliche/filmische Umsetzung, für die Kreativität und die Kunst, aus der Wirklichkeit eine Geschichte in die Fiktion zu übersetzen, so dass der Leser/Zuschauer glaubt, es sei die Wirklichkeit. Natürlich ist ein "realer Tatort" eines Tötungsdelikts alles andere als "hübsch anzusehen", aber genauso gut sind die nachfolgenden Ermittlungen in der Regel aufwendig, umfangreich, und, übersetzte man das in einen Roman, mit viel "Langeweile" verbunden. DAS wird ja im Krimi auch nicht eins zu eins abgebildet. Abgesehen davon, dass Mordfälle/Tötungsdelikte eben in der Regel NICHT von durchgeknallten Serienmördern begangen werden, die Menschen genüsslich in Einzelteile zerlegen. Auch schießen sich Kriminalbeamte in der Regel nicht den Weg für Ermittlungen frei. Warum also die überbordende Gewalt?

Wie so oft muss das Argument herhalten, die Leser wollten das so. Selbst wenn: Wer zwingt mich als Autor, dem nachzukommen? Damit meine ich nicht, dass solche Darstellungen im Einzelfall durchaus mit der Geschichte konform gehen können, also erzählerisch gerechtfertigt sind. Aber wenn Gewalt nur als billiger Effekt im Sinne "Viel hilft viel" eingesetzt wird, habe ich ein Problem damit.

... Hier geht`s zum Artikel

... und hier zur "Krimimimi"

Sonntag, 3. Mai 2015

Von grün bis gruselig

... Was sollte Krimiautorinnen und -autoren auch anderes zum Thema Garten einfallen?

Unterhaltsame Tipps für Garten, Balkon und Blumentopf – meist nützlich, manchmal schräg und mit einem Augenzwinkern erteilt – von Autorinnen und Autoren, die auch Krimis schreiben. Der aufgerundete Brutto-Erlös dieses E-Books wird wechselnden Tierhilfe-Projekten gespendet, im ersten Jahr dem Albert-Schweitzer-Tierheim in Essen.

Ich habe bei diesem Benefiz-Projekt gern mitgemacht und wünsche dem Buch natürlich viele, viele Leser und Leserinnen! Mitgemacht haben auch: Almuth Heuner, Andrea C. Busch, Anne Chaplet, Annette von Droste-Hülshoff, Anonymus, Arnd Federspiel, Barbara Wendelken, Beatrix Kramlovsky, Daniel Raifura, Elsemarie Maletzke, Eva Maaser, Gabi Neumayer, Gabriele Keiser, Gesine Schulz, Gi...tta Edelmann, H.P. Karr, Hagemann & Stitz, Ina Coelen, Ingrid Glomp, Ingrid Schmitz, Jürgen Ehlers, Jürgen Kehrer, Jutta Profijt, Klaus Stickelbroeck, Martina K. Schneiders, Mischa Bach, Nessa Altura, Nikola Hahn, Oliver Buslau, Rebecca Gablé, Sabine Deitmer, Sandra Lüpkes, Steffen Hunder, Susanne Mischke, Tatjana Kruse, Ulla Lessmann, Ulrike Renk, Ulrike Rudolph, Ursula Sternberg, Uschi Lange, Ute Hammond und Walter Wehner.

Kriminell gute Garten-Tipps. Hrsg. von Gesine Schulz

Seit heute lieferbar, derzeit in diesen Shops:
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Amazon.de

Mittwoch, 23. Juli 2014

Kein Denkmal könnte eindrucksvoller sein ...

Gefallene Soldaten - das kennt man aus dem Krieg. Aber gefallene Dörfer? Wir haben sie erlebt, unter sommerlich heiterem Juli-Himmel in Frankreich, auf meiner Reise nach Verdun, die mir unvergesslich bleiben wird. Einige Eindrücke aus meinem Reisetagebuch:
 
Dienstag, 15. Juli 2014
"Village détruit" - ein Dorf, das es nicht mehr gibt, das gefallen ist für Frankreich im Großen Krieg, so sagen die Franzosen. Es gibt derer acht, man hat an ihrer Stelle Gedenkkapellen errichtet, geblieben ist von ihnen nichts, wahrlich GAR nichts. Nur die wie eine überdimensionale Orangenhaut aussehende Erde: Das ist noch immer der Anblick des Krieges, gnädig begrünt von hundert Jahren Natur. Aber diese Natur hat nichts verdecken können; der Untergrund blieb, nur eine Grasdecke wurde darüber gelegt, hat sich festgewachsen auf dieser Landschaft des Grauens. Die Natur hat Bäume in die Trichter gepflanzt, aber nichts verstecken können: keine Bodenerhebung, die nicht sichtbar Trichter oder Trümmerberg ist, unzählige Male durchwühlt, durchschossen, aufgeworfen, umgepflügt, bis nur noch baumloser, schuttübersäter Schlamm blieb, durchmischt mit allem, was vorher Leben war. Kein Denkmal könnte eindrucksvoller sein als dieses stumme Zeugnis menschlichen Irrsinns. 

Mittwoch, 16. Juli 2014
Nach dem Frühstück fuhren wir nach Fort Vaux. Fünfzehn Stationen, Lebenswege wurden nachgezeichnet, Kämpfe anschaulich gemacht. Es war nicht so feucht wie in der Veste Douaumont, dafür gab Vaux den Namen Gesichter, erzählte vom verzweifelten Kampf der Franzosen bis zur Aufgabe. Ich kaufte Rechercheliteratur. Ja, diese Reise ist Arbeit - Verdun: Thema meines nächsten Romans. Ich werde ihn nach diesem Besuch anders schreiben müssen als geplant. Verdun prägt, hinterlässt Spuren, verändert. Ähnlich habe ich es in Flandern empfunden, und doch war es dort anders: In Flandern wird die Geschichte noch immer in die Gegenwart geholt, der Last Post am Abend eines jeden Tages lässt die Toten klagen, den Feind noch erspüren. In Verdun bleiben die Toten in der Erinnerung, werden gleichwohl lebendig, aber nicht als Anklage, sondern als Mahnung, oder, wie Tom sagt: In Verdun hat man den Frieden gemacht. Man hat die Natur das geschundene Land bedecken lassen; die Wunden sind vernarbt, aber die Narben bleiben sichtbar, man lebt damit, kann den Schmerz beim Wetterumschwung spüren, aber es blutet nicht mehr. In Flandern blutet es noch, jeden Abend, wenn die Melodie erklingt. Zwei Erfahrungen, keine wollte ich missen.
 
Wir besichtigen MG-Kasematten und fahren nach Fleury, auch das ein "Village détruit". Fleury: Ein solch heiterer Name ... Die Gedächtniskapelle kennen wir schon, auch die grüne Hügel-Gräben-Landschaft wirkt vertraut. Und doch ist sie hier anders, hier bekommt sie einen Bezug zu dem, was war: Schilder, auf denen die Häuser bezeichnet werden: eine Farm, der Weber, der Schmied, die Kirche, die Schule. Eine ganze Dorfgemeinschaft wurde einfach weggebombt, ausradiert. Es fällt schwer, sich die Straßen und Häuser vorzustellen, und die Menschen, die einst darin gelebt haben. Selbst die Fotos an der Kirche helfen nur bedingt. Den Bürgermeister wählen sie bis heute. Dieser traurige Ort mit dem heiteren Namen war das Beeindruckendste der Reise. Musik ist hier verboten. Zu recht. Man braucht die Stille, um begreifen zu können.
 
Donnerstag, 17. Juli 2014
Fortress: Eine Reise in den Untergrund, mitten ins Leben der Soldaten; wir sind früh dran, noch wenige Besucher im Fort in Verdun; das Wägelchen für sechs Personen wartet, bis wir die Billets gekauft haben. Wir steigen in eine Zeitmaschine, fahren in den Berg, hundert Jahre zurück. Das, was wir in Fort Vaux erlaufen und erlesen, in Videos auf dem Sprachführer gesehen haben, wird hier unmittelbar, lebensecht. Der Wagen hält, vor uns ein Offizier nach schlafloser Nacht im Selbstgespräch. Er schreibt einen Brief an seine Lieben, benennt die Dinge mit Namen, die in diesem feuchten Labyrinth schon lange nichts mehr zählen: Liebe, Leben, Sonne, die Ernte, der Alltag zu Hause. All das, was in Fort Vaux die Fantasie erschaffen muss, wird im Dämmerlicht präsent. Die morschen Betten, ein Wasserkrug, Requisiten des täglichen Überlebens. 
Nächste Station. Ein General, der das Wienern der Uniformknöpfe verlangt und mehr Weihrauch vor der Krankenstation, um den Gestank zu vertreiben. Der Vorgesetzte der Soldaten wagt zu widersprechen, sich für seine Leute einzusetzen, die jämmerlich krepieren; Gehör findet er nicht. Es geht nicht um Recht oder Unrecht, nicht um Moral, um Menschlichkeit schon gar nicht. Es geht um strategische Ziele, um das große Ganze, was auch immer das ist. Diese Gespräche könnten genausogut auf Deutsch wie auf Französisch geführt sein, via Kopfhörer werden sie es ja auch, während die Originalsprache an den Wänden hallt. Deshalb war der Weihnachtsfrieden 1914 so gefährlich, musste mit allen Mitteln unterbunden, beendet werden: die Feststellung, dass Soldat Jean und Soldat Peter mehr gemeinsam hatten als ihre Befehlshaber, wäre kriegszersetzend, zu bedrohlich gewesen. 

Die Fahrt geht weiter, vorbei an Stellagen mit Brotlaiben, Halt in einer Bäckerei. Ein Anflug von Fröhlichkeit, als der Laufbursche sich zwei Brote verdient, ein junger Kerl, einarmig, wie wir erfahren, der Einzige, den man aus den Trümmern des heiteren Fleury noch lebend herausgegraben hat. Gedeckte Tische an den Wänden rechts und links, wir fahren an Tellern, Bestecken, Gläsern vorbei; ein Viertelbrot für jeden, die Reihen sind noch leer. Es fällt nicht schwer, sich die Männer vorzustellen, die hier bald sitzen werden, abgekämpft und müde und keine Chance darauf, so alt zu werden, wie sie aussehen. Unser Wagen dreht sich langsam im Kreis, dass wir dieses "Rattenloch-Leben" in allen Facetten aufnehmen können, das nur deshalb einen Hauch von Dämmerlicht-Romantik hat, weil der Gestank fehlt und die Angst, beim nächsten Angriff lebendig begraben zu werden.
 
Wieder der Offizier vor uns. Er denkt daran, als er jung war, seinen ersten Flieger sah: ein Erlebnis, an dem wir teilhaben, der hohe, weite Himmel, Wind im Gesicht, die Spielzeuglandschaft unter uns; wir nehmen den Blick des Piloten ein, ein Licht kommt näher, blendet, wir sind zurück im Graben. Der Flieger wird zur Gefahr, nimmt Leben, unzählige, bedroht, zerstört, bis er selbst zerstört wird. Angriff. Wir sind mittendrin im Schlachtgetümmel, die Artillerie schießt, wir hören den Kanonendonner, spüren die Erschütterungen, und doch: Es ist Kino, die Angst fehlt. Wir werden weiterleben. Aber wer nur einen Funken Fantasie hat, kann sich nicht entziehen. Die Schlacht endet mit dem Einsturz des Tunnels, unsere Fahrt vor einer eingestürzten Tür. Wir steigen aus, gehen ins Dunkel, ein Rauschen: Langsam wird es hell, wir durchqueren einen Wald, Bäume mit Blättern daran, die es auf den Schlachtfeldern schon lange nicht mehr gibt.
 
Wir verlassen das Fort, fahren aus Verdun heraus, vorbei an Wiesen, Feldern, Wäldern. Friedlich sieht die Landschaft aus, versöhnlich, gut. Die Sonne scheint. Obwohl uns hundert Jahre vom Großen Krieg trennen, ist die Vergangenheit nur einen Lidschlag entfernt.



Montag, 26. Mai 2014

Vom Kreativposten zur Schreib-Maschine - aus einem Autorenleben (1)

Die Protagonistin (im Gespräch mit ihrer Lieblingslektorin):

Annabelle Chanson, alias Anna Conda alias A.C. Dacon, die AUTORIN, die im realen Leben Annegritt Müller-Eckehardt heißt, in einem Reihenendhaus wohnt und ihre Brötchen je nach Trend mit Liebesschmonzetten, Histoschinken oder Regiokrimis verdient, was ihr nachgerade zum Hals heraushängt. Um nicht durchzudrehen, schreibt sie nebenbei heimlich Kochbücher und Gedichte.


Verlagsgespräche. (1)

(Ein Reihenendhaus am Rand von Frankfurt. Schreibstube unterm ausgebauten Dach. Bücher allüberall. Ein Schreibtisch. PC, zwei Monitore. Aus dem Handy dudelt Smoke on the Water.)


Annabelle Chanson (nimmt ab): Ja?

Lektorin: Guten Tag, Anne. Wir müssten mal ein paar Dinge besprechen.

AC: Ich dachte, der neue ist draußen?

Lektorin: Ja, ja, alles bestens. Die Auslieferung läuft auf vollen Touren, und die Vorbestellzahlen sind ja wirklich ordentlich. Sogar kleinere Läden haben ganz gut geordert.

AC: Das freut mich.

Lektorin: Ja, wir haben aber diesmal auch wirklich ein gutes Marketingkonzept.

AC: Aber?

Lektorin: Ja, also … Bitte, dass Sie mich nicht falsch verstehen, Anne. Aber ich bin ja nicht allein im Verlag. Und es war schon etwas schwierig dieses Mal, den Titel so durchzusetzen.

AC: Der Vorgänger erscheint in der vierten Auflage! Die Anzahl der Leser steigt von Band zu Band!

Lektorin: Ähm, nun … Für den Moment mag das noch stimmen. Man muss aber auch sehen, dass wir einen wirklich hohen Aufwand betreiben, um die Bücher am Markt zu positionieren.

AC: Könnten Sie mir endlich mal sagen, was los ist?

Lektorin: Wir kennen uns ja schon eine Weile, und das ist ja nicht das erste Buch, das wir zusammen machen. Und es geht auch gar nicht um die Leidenschaften. Das läuft schon alles ganz gut.

AC: ABER?

Lektorin: Sie kennen vielleicht die Kitty-Krimis?

AC: Ja …

Lektorin:  Ich sage es ungern: Aber die haben Verkaufszahlen, da können wir nur davon träumen. In der letzten Vertreterkonferenz kam daher die Idee auf, eine ähnliche Serie auch in unserem Verlag zu etablieren. Die Regionalkrimis boomen derzeit wie verrückt. Und die Prognosen in diesem Segment sind hervorragend, während bei den historischen Romanen doch eher … nun ja.

AC: Ach.

Lektorin: Seien Sie bitte nicht enttäuscht. Aber ich glaube, dass wir für Ihren nächsten Roman nicht mehr dieses Werbebudget zur Verfügung haben werden. Natürlich hängt das auch von den endgültigen Verkaufszahlen ab, aber mittelfristig werden wir den Programmschwerpunkt wohl eher auf den Kriminalroman mit regionalem Bezug legen.

AC: Sagen Sie bloß, Sie haben diese Kitty-Autorin eingekauft?

Lektorin: Leider nein. Aber wir brauchen was Ähnliches, das aber auch genügend unterscheidbar ist, dass die Leute Lust haben gerade diese neue Serie zu lesen.

AC: Und da dachten Sie an mich?

Lektorin: Schwierig, ich weiß. Es ist auch nicht geplant, die Leidenschaften einzustellen. Die Verkaufszahlen sind ja derzeit noch ganz gut. Aber vielleicht könnten Sie außerdem noch was für die Zielgruppe der Kitty-Leserinnen schreiben? Ich dachte an einen Band pro Jahr, ca. 400 Normseiten, weibliche Heldin, am besten eine Kommissarin mit dem gewissen Etwas. Auf jeden Fall viel Lokalkolorit. Vielleicht mit der Location Frankfurt?

AC: SIND SIE VERRÜCKT? Ich schreib doch nicht über die Stadt, in der ich wohne!

Lektorin: Die Stadt ist ja eigentlich egal. Es kann auch eine bestimmte Gegend sein.

AC: Allgäu und Eifel sind schon vergeben.

Lektorin: Sie machen es also? Bis wann könnte ich das Exposé und eine erste Leseprobe haben?

AC: Zur Messe?

Lektorin: Ja, gut. Wenn Sie mir vorher schon, gern auch formlos, eine Grundidee übermitteln könnten? Das wäre prima! Ich könnte dann intern schon mal avisieren …

AC: Und welches lokale Setting hat man intern so im Auge - außer Frankfurt? Damit ich nicht wieder fünfmal umdisponieren muss?

Lektorin (lacht): Sie sind die Schriftstellerin. Denken Sie sich halt was aus!
 
 
(Eine Reminiszenz an den "Verlag ohne Bücher". Ein interaktives Schreibprojekt von Nikola Hahn, das mit dem realen Leben, darauf legt die Verfasserin großen Wert, aber rein gar nichts zu tun hat.)
 
Fortsetzung folgt ...

Donnerstag, 17. April 2014

Amazon ist nicht das Problem!

"Beliebigkeit verkauft sich nicht", schreibt Buchhändlerin Martina Bergmann in ihrem buchreport blog und einer profunden Bestandsaufnahme derzeitiger "Bestsellermentalität" folgt das Statement: "Den höchsten Preis für diese gleichförmig langweiligen Programme zahlen die Autoren. Überdrehung und Textproduktion widersprechen sich, und das Wegbrechen nahezu jedweder Backlist tut ein Übriges, sie von beruhigter Arbeit abzuhalten. Ich kann es ihnen deshalb nicht verdenken, wenn sie nach Alternativen suchen. Aber ich verstehe nicht die Logik, nach der Amazon ausgerechnet zu Autoren fairer sein soll als zu Lieferanten und Logistikern. Autoren sind auch Menschen, und Menschen zählen nicht in dem System."
Was soll man dazu sagen?
Guter Text. Richtig und wichtig. Aber Amazon ist nicht das Problem, sondern das Resultat. Ein Besuch auf einschlägigen Autoren-Plattformen lässt deutlich werden, wie sehr mittlerweile "Content" das Geschichtenerzählen ersetzt, ein Blick in die Listen der Neuerscheinungen, das Outsourcen von Qualität (Lektorat, Korrektorat) tut ein Übriges. Die Übernahme dessen, was man glaubt, dass es "der Leser" lesen will, durch Menschen, die statt Bücher auch Kopfschmerztabletten verkaufen könnten und die Rechtfertigung all dessen durch (monetär bestimmte) "Erfolgslisten": Ja, das gab es auch früher schon, und natürlich müssen auch Bücherleute Geld verdienen. Nichts gegen die Bedienung der "Masse", aber dass Bücher immer auch Ideen und Ideale verkörpern, was sie schließlich zur "Kultur-Ware" macht(e), das gerät zunehmend in Vergessenheit. Dass "etablierte Kräfte" der "Bücherwelten" zunehmend an Bedeutung verlieren, haben sie sich (auch) selbst zuzuschreiben. Es hat schon was: einem Gewerbe, das von der Fantasie lebt, fehlt es an der Fantasie, die (auch digitale) Herausforderung und Chance des Buchmarktes für sich zu entdecken. Stattdessen wird gebetsmühlenartig die "Krake Amazon" beklagt, der man sicherlich genau diese mangelnde Fantasie nicht vorwerfen kann. Und eines auch nicht: Dass man (auch) als "Nischenkunde" (und -Produzent) erstklassigen Service erhält. Soll ich sagen: Leider? Ja. Denn Konkurrenz belebt das Geschäft, und ich kenne und liebe die Welt der (kleinen) Buchhandlungen - aber was nutzt das, wenn immer nur geklagt und nicht gehandelt wird?
Link zum Blogeintrag von Martina Bergmann auf buchreport: 
http://www.buchreport.de/blog.htm?p=3661

Montag, 17. März 2014

Schlüsselprozesse. DAS MUSS RAUS!

So gern ich ja über Berti und die Bücher schreibe, und so strikt, wie ich mir vorgenommen habe, nicht auch noch hier den Tag mit Gedanken über meinen frustrierenden Broterwerbsjob zuzukleistern – DAS muss raus!

Schon vor einiger Zeit hat man uns mitgeteilt, dass demnächst (mal wieder!) eine Umorganisation ins Haus stehe, natürlich zu unserer aller und der Sache unermesslichem Vorteil. Insbesondere, so das Credo, sei es wichtig, dem Betriebsgebilde einen identitätsstiftenden Rahmen zu geben, will heißen: wir werden dem Zeitgeist entsprechend corporatet identitiert. Kaffeegetränkt und semmelsatt strömte nach der Frühstückspause heute die gesammelte Meute vom Pförtner bis zum Chef in den großen Besprechungssaal, in dem ein crossmediales Mehrgängemenue auf uns wartete: Als Aperitif ein bedeutungsschwangeres Grußwort des Chefs und die Vorsuppe ein Feuerwerk aus powerpointierten Kästchen, Pfeilchen und Kringeln, die sich im Hauptgericht zu einer Komposition aus Flipchart-Botschaften mit Wölkchen drumherum und bunten runden Moderationskärtchen zu gut abgehangenen Flussdiagrammen mit einer gedünsteten Beilage aus gutmenschelnden Fotolia-Fotos zusammenfanden. Als Nachtisch gab`s die Aussicht auf diverse Workshops, in denen wir aus der operativen Ebene unsere Sichtweisen einbringen sollen. Na ja, ich fasse das Ergebnis mal zusammen: Das, was wir täglich tun, wird in Zukunft alles anders formuliert und dann läuft das Schlechte weiter wie gehabt und das Gute schafft man großteils ab, weil das nicht mehr in die zu erstellende Prozesslandkarte passt. Bedarfserschließungen werden durchgeführt und Schnittstellen werden erarbeitet, innerhalb der Prozesse zwischen den Schlüsselprozessen, wobei  Schlüsselprozess, so hab ich`s in meinem minderbemittelten Hirn jedenfalls verstanden, wiederum eine Formulierung für das ist, was wir seit Jahr und Tag schon machen, nur wird das eben in diesen noch zu installierenden Workshops neu erarbeitet, flussdiagrammatisch visualisiert und anschließend von der Basis bis zum Management durchnivelliert.

Ach ja, und die Kundenkommunikation soll ebenfalls analysiert und optimiert, das heißt dergestalt ausgerichtet werden, dass das, was wir jetzt schon verdrehen, in Zukunft noch etwas eleganter verdreht werden kann, damit sich die Kunden nicht ganz so verarscht vorkommen, was man unter das Rubrum strategische Entwicklungszielentwicklung subsumiert. Und das Malen nach Zahlen, will heißen: Die Entwicklung eines einheitlichen, den tieferen Sinn Ihrer Organisation spiegelndes und dem Identifikationsbedürfnis des Personalkörpers Rechnung tragendes Symbol in Form eines adäquaten Logos, soll in einem weiteren Arbeitskreis initiiert, in abteilungsübergreifenden Workshops konzipiert und durch die Einrichtung von Qualitätszirkeln feinjustiert werden, selbstverständlich unter Einbeziehung Ihrer sozialen und arbeitsökonomischen Bedürfnisse und innovativ-kreativen Ideen.
Angesichts solcher Aussichten kann man ja gar nicht anders als abgrundtief begeistert zu sein! Und damit das so bleibt, hat sich der Chef den unverzichtbar wertvollen Blick von außen geholt. Serviert wurde das Menue nämlich von einer typischen, sorry, Kommunikationstussi, die aussah, als würde sie den Heiligen Abend mit einem 120-seitigen Powerpointvortrag einläuten. Die war so verliebt in ihre Strategien, dass ich die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass sie auf den Tisch steigt und den Beamer küsst. Und unser Chef erst! Kaum wiederzuerkennen!
Wir freuen uns, dass wir für diese wegweisende Aufgabe eine ausgewiesene Fachfrau gewinnen konnten. Frau Dr. Libeskinnt, mit „Doppel-Enn“ und einem „Tee“ (witzisch, witzisch, Cheffe!) wird uns und Sie durch diesen spannenden Prozess begleiten und sicherlich wertvolle Impulse geben.

Immerhin hat sie es fertiggebracht, den gesamten Betrieb für den Rest des Tages lahmzulegen, denn nach dem genialen Vortrag war an Arbeiten natürlich nicht mehr zu denken. Aber wenn ich ehrlich bin: Es sprießt schon, das zarte Pflänzchen der neuen Corporate Identity: Der Depp aus der zweiten Etage, der inzwischen wahrscheinlich 4300 Facebook-Freunde hat, meinte auf dem Weg zurück in die Büros: Tja, ja, du liebes Kind: Da kommt ein schöner Scheiß auf uns zu! Und alle haben losgegrölt. Sogar die schüchterne Tippse aus der 1. Etage, 3. Büro links, von der ich mir nie den Namen merken kann. Wenn das so weitergeht, trinken wir nach dem Workshoppen demnächst alle  ein Bier zusammen!
 
aus: Neues vom Verleger.
www.thoni-verlag.com
 

Samstag, 9. November 2013

#buchbloglob - Leser, Ihr seid dran!

Es gibt so viele wunderbare Bücher, und doch: Manchmal fragt der Leser sich, wo und wie er sie finden soll? Zeitungen und Magazine, die durch Rezensionen oder auch Berichte über Autoren früher eine wichtige Filterfunktion hatten, fahren ihren "Literaturteil" zunehmend zurück oder schaffen undurchsichtige (Rechts-)Verhältnisse, die es Autoren, Verlagen oder anderen Bücherbegeisterten schwer bis unmöglich machen, "sicher" zu zitieren. Hinzu kommt, dass die quirlige und lebendige "Indie-Szene" der Selfpublisher in der "etablierten Literaturwelt" immer noch kein Zuhause gefunden hat, sei es im Buchhandel, sei es in "etablierten" Bücherlisten oder im Buchhandel "um die Ecke", der selbst ums Überleben kämpft. Und mittendrin stehen die Leser, die nur eins wollen: Gute, spannende, fantasiereiche, schöne Bücher lesen!

Was "gut", "spannend" oder "schön" ist? Ja, das unterscheidet sich in der Tat von Leser zu Leser, und doch: Journalisten und Buchhändler schafften es lange Zeit, dem Leser Orientierung im "Bücherdschungel" zu bieten. Das tun sie heute immer noch, aber es ist ein anderer Filter hinzugekommen, dessen Initiatoren ebenso wie die Selfpublisher lange Zeit ein belächeltes Dasein führten: die Community der Buchblogger.

Ich behaupte, ihre Bedeutung wird in den kommenden Jahren weiter steigen, denn sie bieten den Lesern nicht nur Orientierung, sondern auch ein "Buchzuhause". Was liegt näher, als Leser und Bücherblogger noch näher zusammenzuführen?

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Ihr seid am Zuge: Bewertet Eure Lieblings-Buch-Blogs und twittert sie an andere Lesebegeisterte weiter!

Links
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Café Mocca - Der Lesertreff im Thoni Verlag

... und ich auf Twitter: Nikola Hahn @baumgesicht