Montag, 6. Mai 2013

Bücher im Bahnhof ... oder: Wo meine Lieblingsbuchhandlung ist

Ach, was fällt mir alles Schönes ein, wenn ich das Wort „Buchhandlung“ höre:  Deckenhohe Regale  aus Holz erscheinen vor meinem Auge, prall gefüllt mit Geschichten, die darauf warten, erlesen zu werden, schmale Gänge in gemütlichen, dusteren Räume, in denen Staubflusen im Licht tanzen, die das Gefühl geben, eine geheimnisvolle Welt zu betreten, das mystische Land der Fantasie, das verborgen zwischen Buchdeckeln ruht. Alte Bücher, neue Bücher, große, kleine, dicke, dünne, Taschenbücher, Schmuckausgaben: Ein Maximum an gedruckter Vielfalt auf einem Minimum an Raum, der Geruch nach Papier und Bindeleim – das sind die Erinnerungen aus meiner Kindheit, die ich mitnahm ins Erwachsenenleben. Ich träumte sie noch,  als ich längst in hellen, modern eingerichteten Buchhandlungen als Autorin zu Gast war – wie viele schöne Begegnungen gab es dort, wie viele inspirierende, interessante Gespräche durfte ich führen!
 
Und welche von all den vielen ist nun meine Lieblingsbuchhandlung? Eine schwere, eine ungerechte, eine wunderbare Frage! Weil sie mich zwingt nachzudenken darüber, was Menschen ausmacht, die Bücher nicht nur verkaufen, sondern lieben! An den Orten meiner Erinnerung finde ich sie, ohne Zweifel. Und nach mehr als einhundert Lesungen, die ich im Laufe der Jahre durchgeführt habe, kann ich sagen, dass es unzählige Bücherorte und viele Büchermenschen gibt, die ich sehr mag. Aber bevor ich meine Wahl treffe, möchte ich die Seite wechseln, überlegen, was ich in meiner Erinnerung als nicht so passend, als nicht so gemütlich, nicht so inspirierend abgespeichert habe. Eine Bahnhofsbuchhandlung zum Beispiel: Nett, dass es sie gibt, denn man kann, wenn man auf Reisen ist, schnell mal reinschauen und sich mit Lektüre versorgen. Na gut, die Auswahl ist großteils auf gängige Ware beschränkt, und man muss schon wissen, was man will, weil die Leute, die da Bücher verkaufen, ohnehin meist keine Ahnung von Literatur haben. Die gestapelten Bestseller, die sich am Eingang finden – ach, nö. Und der Grabbeltisch mit den Billigausgaben? Als Leserin gehe ich neugierig hin, wühle und hoffe, ein Schnäppchen zu machen; als Autorin spüre ich Trauer und Schmerz, eins meiner „Buchkinder“ zu entdecken, an dem ich jahrelang  gearbeitet habe, Knick im Rücken, Remittenden-Stempel, Ramsch. Ein Ort zum Träumen? Eine Lieblingsbuchhandlung gar? Sicher nicht.
 
Nein, es war nicht schwer, meine Wahl zu treffen: Es ist der Buchmarkt Hauptbahnhof Frankfurt am Main! Ich habe eine Lieblingsbuchhandlung, deren Inhaber ich nicht persönlich kenne, deren Interieur ich bislang nur via Facebook angeschaut habe, ein Laden, versteckt in der B-Ebene eines lauten Bahnhofs, in dem es all das nicht gibt, was für mich eine Buchhandlung immer zu einem Zauberort werden ließ. Es ist eine neue Geschichte, die ich jetzt erzählen will, erzählen muss, und sie hat mit der Wandlung aller Dinge zu tun, die wir Zukunft nennen, sie hat zu tun mit den Wegen der Bücherfreunde durchs Netz, mit den verschlungenen Pfaden, auf denen sich Online- und Offline-Welt immer mehr verzahnen und verweben.
 
Auf der Startseite bei Facebook fällt mir ein Eintrag auf: Das Team einer kleinen Buchhandlung will ein Regal ausschließlich mit Literatur deutscher Schriftsteller bestücken. Unsere deutschen Autoren, so lautet die Überschrift, zwei schwarzrotgoldene Fähnchen werden virtuell dazugeklebt, um die Intention deutlich zu machen: Wir, so sagt das kleine Team aus dem Souterrain, wir lieben Bücher, alle Bücher – aber wir möchten unseren deutschen Autoren, von denen wir mit vielen auch in persönlichem Kontakt stehen, einfach mal Danke sagen, mit einem Büchergruß, der ins Auge fällt – keine Auswahl bezüglich des Genres wird getroffen, kein Unterschied wird gemacht zwischen der Bestsellerin und dem Newcomer.
 
Wir mögen Euch!, erklärt das kleine Team – und erntet einen Shitstorm. Deutschtümelei, verkappte Nazis, und was man eben so schreibt, wenn das Gutmenschenherz mal wieder online überquillt. Erschrocken ist das kleine Bücherteam, vier Menschen, die sich abwechselnd sieben Tage in der Woche in ihrer Buchhandlung die Beine in den Bauch stehen und sich trotzdem die Zeit nehmen, auch online über ihre Bücher, ihre Autoren zu reden, die nicht nur, wie so viele, irgendeine lieblose Facebook-Seite generiert haben, weil man eben sozial netzwerken muss heutzutage, sondern die mit jedem Post eine Liebeserklärung ans Lesen, an Bücher, an „ihre“ Autoren machen, weltoffen, provinziell, kitschig, gediegen, lustig, ernst, Schmöker, Literatur; der ausgepackte Stapel von Remittenden hier, der Hinweis auf Werke der Klassik dort, so kunterbunt, so widersprüchlich, so respektlos-fröhlich wie die Welt eben ist: der Kosmos eines großen Bahnhofs in Bücherstapeln ausgedrückt.
 
Entsetzt ist das engagierte Quartett über die Vorwürfe, sie treffen ins Herz; man versucht zu beschwichtigen, sich zu rechtfertigen. Es sei doch nur ein einziges Regal im Laden, nur eine gute Absicht, einfach ein kleines Dankeschön. Zum Glück lässt sich das Team nicht schrecken, na gut, die Fähnchen lassen sie dann doch weg am (realen) Regal, aber die deutschen Autoren bekommen ihr exklusives Plätzchen, und auf der Facebookseite gibt`s für jeden eine Gratiswerbung dazu, eine Auswahl der Bücher, ein Statement des Bücherteams, und Platz für den Autor zu sagen, warum er schreibt, was er schreibt. Auch hier: Bunt ist die Autoren-Bücher-Mischung, frei von jedem Dünkel, E neben U – was, bitte, sind E und U?
 
Ich mache mit, freue mich, Teil eines so hübschen Potpourris zu werden, ein netter eMail-Kontakt entwickelt sich.  Jeden Abend schlendere ich nun online durch den Laden, schaue mir die neuen Bilder an, lese, kommentiere, bin neugierig auf die Autorenkollegen, die vorgestellt werden, und auf ihre Bücher. Neues entdecke ich, Spannendes, tauche ein in fremde Welten, obwohl ich meine gar nicht verlasse. Und ich erinnere mich an die Anfänge meiner Schriftstellerkarriere. An die Buchhandlung, in der ich immer so gern gestöbert hatte, und die mein Debüt nicht haben wollte. Nicht mal ein einziges Exemplar in Kommission. Wie gut hätte es der jungen, unerfahrenen Autorin damals getan, ein bisschen Unterstützung zu bekommen von „ihrem“ Buchhändler vor Ort.
Es gibt ein Dutzend Gründe für das Nein, nachvollziehbare, für mich heute sogar durchaus einsichtige Gründe. Und doch: Warum tut es dann diese Buchhandlung im Souterrain des Frankfurter Hauptbahnhofs, vier Bücherleute, die diese Gründe genausogut benennen könnten, die sich sogar beschimpfen lassen mussten für ihr Engagement, das ihnen außer ein paar virtuellen Fans und ein bisschen Öffentlichkeit ökonomisch wohl nichts und ansonsten nur Arbeit einbringt?
 
In einer Welt, in der sich alles ändert, alles im Fluss, im Umbruch ist, darf und muss man Erinnerungen bewahren, aber es ist auch an der Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden, sich auf das zu konzentrieren, was wichtig ist: Menschen zu treffen, die Bücher lieben! Offline wie online. Noch Fragen, warum ich nicht lange überlegen musste, ausgerechnet eine Bahnhofsbuchhandlung zu meinem Liebling zu erklären?
 

Buchmarkt Hbf Frankfurt am Main
Hauptbahnhof, B-Ebene
60329 Frankfurt

https://www.facebook.com/BSVFrankfurt


- Geschrieben für den Blog von Jannis zum Thema "Autoren und ihre Lieblingsbuchhandlung", 5. Mai 2013 -
 

NACHTRAG vom 27. Februar 2014

Es ist schade, dass so oft die Engagierten, Leidenschaftlichen, Besonderen gehen müssen. Ja, den Laden wird es auch im März noch geben, aber mit dem Februar geht die Seele, und der Rest wird Makulatur sein. Ich wünsche Mandy und ihrem Team alles Gute und Liebe! Auf dass ganz viele Autoren und Leser den Weg, wenn schon nicht mehr im realen Leben, so doch wenigstens virtuell in "Deinen" Laden finden mögen, Mandy!


 

Montag, 22. April 2013

Lesen ... Lesen? Lesen!

... aber vor das Vergnügen haben die Götter ja den Schweiß gesetzt ;) Einen herzlichen Gruß in den Abend sende ich allen, die ab Mitternacht hier vorbeischauen ... Eine Buchverlosungsaktion soll es werden, ja! Ich verlose ein signiertes Exemplar meines Märchenromans "Der Garten der alten Dame", und zwar, jetzt wird`s hart: Die "Winterversion". Aber keine Angst: Es wird bald Frühling werden in der Geschichte, und die kleine Eli wird in einem verbotenen Garten eine geheimnisvolle alte Dame treffen. Das Buch gibt`s in vier Versionen, und jede hat ein eigenes "Jahreszeitencover". Winter bedeutet "pur", also die Textausgabe zum puren Lesegenuss! Wer kann gewinnen?

Alle Besucher, die heute, also am Welttag des Buches, bis um Punkt Mitternacht, einen Kommentar unter diesem Beitrag hinterlassen. Und worüber?
 

Na, das ist vielleicht eine Frage! Über Bücher natürlich, übers Lesen, über Euch & Eure Passion fürs Lesen ... über Eure Gedanken zum Welttag des Buches, und, und, und ...

 
Warum ich keine engere Themenauswahl vornehme? Warum Ihr nichts raten, rätseln, lösen müsst?
Zugegeben, ich hatte es mir überlegt ... Aber dann fand ich den Gedanken viel reizvoller und zum Welttag des Buches passend, dass einfach einen Tag lang alle Besucher, die es möchten, hier ihre Gedanken posten, die sie zum Thema haben ... alles, was Euch einfällt, ein kleines Kaleidoskop sozusagen, eine Momentaufnahme, eine Liebeserklärung ans Lesen, Gedanken, Erlebnisse mit Büchern ... Es gibt so viel zu sagen zum Thema:
  

Lesen? Lesen!

 
Ich bin gespannt ...
Ach ja, und dieses Buch gibt es zu gewinnen:


Samstag, 20. April 2013

Zum Welttag des Buches - Buch zu gewinnen!

 

Vorankündigung!

 
Zum Welttag des Buches ein Buch verschenken? Eine tolle Idee ist das, und mehr als 900 Blogs machen mit! Auch ich habe mich angemeldet, und zwar mit "Der Garten der alten Dame" in der "Winterversion":
 
 

 
 Neugierig geworden? Na, das hoffe ich! Was ich konkret vorhabe? Ich werde ein signiertes Exemplar meines Märchenromans "Der Garten der alten Dame" verlosen. Lasst Euch überraschen und schaut am "Tag des Buches" einfach hier vorbei ;)

Und wer hat`s erfunden?

pudelmuetzes-buecherwelten.de
geschichtenagentin.blogspot.de

Hier die Liste der teilnehmenden Blogs - vielleicht wird ja noch die Tausend voll bis zum 23. April ...
 
Bis bald!
Nikola

Samstag, 13. April 2013

Geständnis in der Lurchenhöhle

Gerade komme ich von einem langen und wunderschönen Spaziergang durchs Netz zurück, lasse mich mit einem wohligen Seufzen hier in meiner Schreibstube nieder und freue mich über die unglaubliche Vielfalt, die "Büchermenschen" in der virtuellen Welt geschaffen haben. Da sage noch einer, das (gedruckte) Buch sei auf dem absteigenden Ast!

In einem mit viel Begeisterung und Herzensfreude gestalteten Blog,
Leselurchs Bücherhöhle, fand ich die Aufforderung, ein Geständnis abzulegen ... Das passt besonders gut, nachdem ich eine ganze Woche lang damit zugebracht habe, meinen Kollegen etwas über professionelle Vernehmungsarbeit zu erzählen. 
 
DIESES BUCH IST SCHULD AN MEINER LESESUCHT!

So lautet der Vorhalt. Und fürs Geständnis möchte ich ein bisschen graben, denn beim Lesen der Aktion fiel mir eine Geschichte ein, die unter die Rubrik fällt "Gute Gedanken kehren immer wieder". Es ist schon Jahre her, als ich - schon damals gern im Netz unterwegs - auf die Initiative des Wiener Verlegers Dr. Fritz Panzer stieß, der alle Menschen, denen er begegnete, nach ihren drei "Lebensbüchern" fragte, also Bücher, die einen besonderen Eindruck hinterließen, im schönsten Falle das Leben nachhaltig beeinflussten. T
ausende von Menschen haben ihm geantwortet, und auf einer eigens geschaffenen Website wurde daraus das "Projekt Lebensbücher", ein rein privates Vergnügen ohne jeden finanziellen Hintergrund, ohne wissenschaftlichen Ehrgeiz. Eine wunderbare, zeitlose "Bestsellerliste" entstand. Leider ist die Seite nicht mehr online. Umso schöner ist es, nun eine ähnliche Idee zu finden, mit dem Unterschied, dass diesmal Buchgeständnisse erzählt, nicht gelistet werden und dass speziell nach der Inspiration fürs Lesen gefragt wird.
Ich nehme die Idee zum Anlass, um meine drei Lebensbücher, die ich damals auf die Liste gesetzt hatte, noch einmal herauszukramen ... Hier ist es also, mein Buchgeständnis:


1. Momo/Michael Ende
2. Das wunderbare Überleben/Wladyslaw Szpilman
3. Der Medicus/Noah Gordon

  Momo habe ich vor Jahren zuletzt gelesen, und ich kann nicht mal mehr in allen Einzelheiten sagen, wie die Handlung war, ABER, und das macht es zu meinem absoluten Favoriten (ich musste keine Sekunde nachdenken, dass es Platz 1 einnimmt), dieses Buch schwingt bis heute nach, ist eine wunderbar erzählte ZEIT-Geschichte, eine Metapher für die ruhelose Zeit, in der wir leben, auf jeder Seite Sätze, die berühren, die das, was man selbst empfindet, in poetische Bilder übersetzen, ein Buch, das tröstet, das Mut gibt und doch die Wahrheit nicht verschweigt. Kümmert es mich, dass es "nur" Jugendliteratur ist? Ganz ehrlich: Nicht im Geringsten.

  Auch beim zweiten Buch musste ich nicht lange überlegen, weil es mich gefühlsmäßig sehr "mitgenommen" hat, im wahrsten Sinne des Wortes. Wladyslaw Szpilman gelingt es, eine grauenvolle Zeit und noch grauenvollere Erlebnisse ohne Anklage zu erzählen, todtraurig selbstironisch, um es mit Wolf Biermanns Worten zu sagen, in einer schlichten, anrührenden Sprache. Ich habe nach der Lektüre tagelang fiktive Gespräche mit dem Autor geführt, das Erzählte hat mich einfach nicht losgelassen.


   Der Medicus auf Platz drei ist schließlich ein Buch, das mich vor allem durch die detailgetreue Recherche einer längst vergangenen Zeit fasziniert hat. Dabei hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich mich an die Lektüre wagte. Ich bekam das Buch geschenkt, und der Titel sagte mir nichts, klang irgendwie dröge. Umso überraschter war ich, dass sich dahinter so ein erzählerisches Kaleidoskop verbarg. Hinzu kommt, dass ich dem Medicus quasi meine eigene schriftstellerische Genreorientierung zu verdanken habe. Aus einer Frage nach meinen Lieblingsbüchern entwickelte sich die Idee, meinen historischen Kriminalroman Die Detektivin zu schreiben.




Jahre ist es her, seit ich meine Lebensbücher benannte, und schon beim Schreiben merke ich, dass sie es geblieben sind: ganz besondere Bücher in meinem Leben. Nicht nur fürs Lesen-Müssen, sondern auch als Motivation fürs Schreiben: Momo hat mich letztendlich, zusammen mit Der Kleine Prinz, zu meinem Märchenroman Der Garten der alten Dame ispiriert und ist damit, bleiben wir in der Terminologie, sozusagen die späte Rechtsfolge meines Geständnisses *lach*.
 


www.thoni-verlag.com

Sonntag, 7. April 2013

... und es hat mir den Atem verschlagen -

Wenn man ein Buch in die Welt lässt, bekommt man in der Regel auch Feedback, das von Begeisterung bis Verriss gehen kann. Übers Lob freut man sich, die Negativmeinungen nun ja, schluckt man. Irgendwie. Lesen ist subjektiv, und Gefühle der Leser sind zu respektieren. Trotzalledem: Es gibt Menschen, deren Kritik einem besonders nahegeht, und über deren Lob man sich "wie Bolle freut". Weil ihre Stimme fürs Selbst wichtig ist, subjektiv, weil man den dahinter stehenden Menschen mag, oder objektiv, weil er aus der Fachlichkeit heraus urteilt. Manchmal trifft beides zusammen, und das sind Momente, in denen man als erwachsener Mensch wie ein Kind durchs Zimmer hüpft. Ich bekam ein solches Lob für meinen bebilderten Lyrikband "Singende Vögel weinen sehen" mit Datum vom 12. März dieses Jahres, ein persönlicher Brief des von mir sehr geschätzten Lyrik-Verlegers Theo Czernik. Er hat mir freundlicherweise erlaubt, den Brief zu veröffentlichen. Herzlichen Dank dafür!


Liebe Frau Hahn,

Sie haben Lyrik auf den Punkt gebracht, in Wort und Bild. Genau genommen möchten wir alle nichts anderes und schießen doch übers Ziel hinaus. Zu viele Worte, oft der gleiche Sinn und nur an eine andere Zielgruppe gedacht, klug, zu klug, dumm, eitel. Ein Gedicht sollte wie Atemholen sein, selbstverständlich. Ich suche diese Gedichte, aber es werden immer weniger. Ich habe vor einigen Tagen mit Johanna Anderka auch über die Qualität gesprochen und mir dann die Bücher aus den 70er und 80er Jahren aus dem Schrank geholt, und es hat mir den Atem verschlagen - das waren noch Gedichte! Heute muss ich zehn Manuskripte weglegen, weil ich nichts besonders Lesenswertes darunter gefunden habe. Eine neue Generation! Oder ich bin zu alt! Und jetzt liegt Ihr Bändchen vor mir. Ein wunderbarer Gedanke und der verwirklicht! Ich kann Sie dafür nur beglückwünschen.

Es grüßt Sie ganz herzlich
Ihr Theo Czernik

Czernik-Verlag/Edition L

Dienstag, 2. April 2013

JA! JA! JA!

Über manche Mails freut man sich ganz besonders :) Heute fand ich eine solche - von Wolfgang Tischer. Er hat mich gestern offenbar am virtuellen Kaffee würgen sehen und wollte mir eine Replik in den Blog stellen, allein: Die Technik wollte nicht. Sowas! Weil mich die Mail mit der Welt versöhnte, und weil ich sie als bloßen Kommentar viel zu versteckt fände, hier im Wortlaut - und DANKE :)
 
 
Absolute Zustimmung!
 
Die Zahl der "Schablonenschreiber" ist Legion. Und obwohl immer wieder behauptet wird, dass das Selfpublishing dazu führt, dass nun auch Autoren eine Chance haben, die abseits des Mainstreams schreiben, ist die Wirklichkeit eine andere. Das Gerangel in den Amazon-Bestenlisten befördert vielmehr die, die sich im Titel, im Plot, im Genre und bei der Covergestaltung an dem orientieren, was das dortige Publikum will.

 
"Kohle machen" wird immer wichtiger, die Qualität des Inhalts tritt an die zweite Stelle.
Wohin die Publikumsorientierung führt, dass zeigt das Privatfernsehen. Und es zeigt mittlerweile auch ein Blick auf die Amazon-Bestseller. Titel wie "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" oder "Leben" von David Wagner hätten dort künftig keine Chance mehr, wenn es nicht Verlage, das Feuilleton und Literaturpreise gäbe, um sie in die Listen zu bringen.

 
Die Orientierung am Publikumsgeschmack ist der Feind des Kreativen, des Provozierenden und des Neuen. Natürlich gieren einige Verlage und Autoren nach mehr "Lesernutzungsdaten", um ihre Werke zu "optimieren" und Plots zu "verbessern", um kurzfristig noch mehr Geld zu verdienen. Ich habe einige dieser Autoren erlebt.

 
Ernsthafte Sorgen würde ich mir nur dann machen, wenn sich über die Nennung dieser Tatsachen niemand mehr aufregen würde und sich kein Widerspruch regen würde. Solange es Menschen gibt die "Nein!" rufen, ist mir um Texte abseits des Publikumsgeschmacks nicht bange.

 
Herzliche Grüße
Wolfgang Tischer
 

NEIN! NEIN! NEIN!

Eins vorweg: Ich gehe sehr, sehr gerne ins Literaturcafé; dort gibt es immer etwas zu entdecken, zum Thema Bücher und Büchermacher, übers Schreiben, über Schreiber - es ist DER Treffpunkt im Netz für Leute, die Bücher mögen. Und weil ich nach getaner Arbeit gern ein wenig durchs Netz schlendere, habe ich heute Abend einen Besuch im Literaturcafé gemacht. Und dachte, mich trifft der Schlag. Einen Aprilscherz hatte man sich erlaubt: amazon kürze die Tantiemen für Selfpublisher von 70% auf 40%. Aber das war nicht das Schlimme, das Schlimme stand verschämt versteckt im Text und wurde noch als Errungenschaft avisiert:

Zitat: "Die direkte Reduzierung des Autorenhonorars wie in unserem Aprilscherz wäre sicherlich zu plump. Dennoch würden ohne Frage viele Verlage und Autoren dafür zahlen, wenn sie erfahren, wie viele Leser ein E-Book nach dem Kauf wirklich gelesen haben und ob die Lektüre vollständig abgeschlossen wurde."
Das war der harmlose Auftakt. Es folgten Aussprüche in dem Sinne, dass man ja dann als Autor seine Geschichten entsprechend dem Lesergeschmack anpassen könnte, damit man mehr verkaufen könnte. Zum Beispiel, wenn Leser ausstiegen, weil ihre Lieblingsfigur stürbe etcetera. Das sind Momente, in denen mir der virtuelle Kaffee im Halse stecken bleibt! Und ich, trotz der späten Stunde, zum Griffel greife:

NEIN, NEIN, NEIN!!! Wir haben schon viel zu viele "Schablonenschreiber"! Ich jedenfalls würde NULL Cent für diese Information bezahlen, denn genau mit diesem Dilemma kämpfen doch viele Autoren gerade: Dass die (großen) Verlage GENAU das verlangen. Schreiben nach Schema F. Gut,  zugegeben: Auch ich will mit meinen Büchern Leser erreichen, und ich verschenke sie nicht, sondern will sie verkaufen, also Geld damit verdienen. Aber das heißt doch bitte nicht, dass es NUR noch darum geht, Geld zu verdienen, und man ALLES schreiben muss, was irgendwelche Statistiken auswerfen. Nicht der Aprilscherz hat mich entsetzt, sondern diese Aussage. Quo vadis, Buchkultur?
 
So. Aufgeregt und abgeregt. Ich wünsche allen einen guten Start in die Woche!

PS: Hier geht`s zum Originaltext:

http://www.literaturcafe.de/nach-goodreads-uebernahme-amazon-kuerzt-autorenhonorare-auf-40/#comments