Samstag, 9. November 2013

#buchbloglob - Leser, Ihr seid dran!

Es gibt so viele wunderbare Bücher, und doch: Manchmal fragt der Leser sich, wo und wie er sie finden soll? Zeitungen und Magazine, die durch Rezensionen oder auch Berichte über Autoren früher eine wichtige Filterfunktion hatten, fahren ihren "Literaturteil" zunehmend zurück oder schaffen undurchsichtige (Rechts-)Verhältnisse, die es Autoren, Verlagen oder anderen Bücherbegeisterten schwer bis unmöglich machen, "sicher" zu zitieren. Hinzu kommt, dass die quirlige und lebendige "Indie-Szene" der Selfpublisher in der "etablierten Literaturwelt" immer noch kein Zuhause gefunden hat, sei es im Buchhandel, sei es in "etablierten" Bücherlisten oder im Buchhandel "um die Ecke", der selbst ums Überleben kämpft. Und mittendrin stehen die Leser, die nur eins wollen: Gute, spannende, fantasiereiche, schöne Bücher lesen!

Was "gut", "spannend" oder "schön" ist? Ja, das unterscheidet sich in der Tat von Leser zu Leser, und doch: Journalisten und Buchhändler schafften es lange Zeit, dem Leser Orientierung im "Bücherdschungel" zu bieten. Das tun sie heute immer noch, aber es ist ein anderer Filter hinzugekommen, dessen Initiatoren ebenso wie die Selfpublisher lange Zeit ein belächeltes Dasein führten: die Community der Buchblogger.

Ich behaupte, ihre Bedeutung wird in den kommenden Jahren weiter steigen, denn sie bieten den Lesern nicht nur Orientierung, sondern auch ein "Buchzuhause". Was liegt näher, als Leser und Bücherblogger noch näher zusammenzuführen?

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Ihr seid am Zuge: Bewertet Eure Lieblings-Buch-Blogs und twittert sie an andere Lesebegeisterte weiter!

Links
#buchbloglob - Einladung zum Mitmachen
#buchbloglob auf Twitter
#buchbloglob - Buchblogliste A - Z
Café Mocca - Der Lesertreff im Thoni Verlag

... und ich auf Twitter: Nikola Hahn @baumgesicht

Montag, 4. November 2013

BUCHTHEATER - 3. Lesegeheimnisse ...

Am Anfang war das Hören. Die Menschen saßen ums wärmende Feuer, draußen oder drinnen in der Höhle, Sonnenuntergang, dämmriges Licht. Einer erzählte, die anderen schwiegen, hörten zu. Was bekamen sie wohl zu hören, unsere Ahnen? Erlebtes, Erfahrenes, erzähltes Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben und dadurch zum Gedächtnis aller, zur Geschichte wurde. Viele tausend Jahre später wurde immer noch erzählt, im Winter die Weihnachtsgeschichte, unterm Baum mit Kerzenlicht, Plätzchenduft, und die Hörer bekamen glänzende Augen. Abends folgten Gute-Nacht-Geschichten, aus dem Zauber des Augenblicks geboren; die Kinder vergaßen sie lange nicht, manche vergaßen sie nie. Zwar waren die meisten dieser Geschichten längst auf Papier gedruckt, aber das Vorlesen war mindestens so geheimnisvoll wie das Erzählen, denn der Vorleser gab wie einst der Erzähler der Geschichte seine eigene Stimme.
 
Waren es Erzähler, waren es Hörer? Irgendwer hatte irgendwann angefangen, gehörte Geschichten aufzuschreiben. Fortan blieben sie besser in Form, veränderten sich nicht mehr beliebig, und wurden doch jedes Mal neu und anders, denn nach wie vor fingen sie erst in den Köpfen derer an zu leben, die sie lasen. Der Leser wurde autark, zum Souverän. Er erzählte sich fortan selbst, indem er las. Schmucklose Buchstaben erzeugten Stimmen und Bilder, schmolzen zu einer Melodie, die nur für ihn, in einer einzigartigen Weise spürbar, hörbar, fühlbar war. Und die ihn gleichzeitig mit anderen Lesern verband, die Gleiches, aber nie dasselbe fühlten und spürten.
 
Ein Kinobesucher kann vom Film begeistert sein, wie der Leser kann er mit den Figuren fühlen, leiden, weinen. Kann ein Film nicht ebenso entführen, wie es ein Buch vermag? Oder, um den Sprung ins elektronische Zeitalter zu tun: Ist die Krönung nicht das PC-Spiel, in dem der Konsument zum Akteur wird, der die Geschicke mitbestimmt, der letztlich seine eigene Geschichte schreiben kann?
 
Wer einen Film anschaut, braucht keine Bilder im Kopf, er bekommt sie auf der Leinwand oder dem Bildschirm fertig geliefert: die einsame Landschaft genauso wie das Großstadtleben oder eine ferne Galaxie. Die Bösen und die Guten sehen aus wie sie eben aussehen, und das Rot ihrer Mäntel und das Blau ihrer Hemden zeigt der Filmemacher den Zuschauern als Fixum. Es gibt nichts dazuzudenken, es ist alles schon da. Der Zuschauer konsumiert, der Leser interpretiert: die Intensität von Rot, das Leuchten von Blau, hysterisches Lachen, einen schüchternen Blick, einen verborgenen Garten, den Sonnenaufgang. Der Zuschauer kann fühlen und mitfühlen, sich gruseln und ekeln, aber er kann es nur in der Welt tun, die ein anderer ihm vorsetzt. Die Welt des Lesers wird lebendig in dem Moment, wenn er sie erliest, er faltet einen Fächer auf und bemalt ihn mit eigenen Farben. Er geht in ein Haus und richtet die Zimmer ein. Der Fächer des Zuschauers ist schon aufgeklappt, und manchmal ist er mit so wunderbaren Mustern und Farben bemalt, dass er sich darin verlieren kann. Und doch bleibt er vorgefertigt, seine Schönheit ist für alle gleich. Die Welt des Lesers hingegen wird erst durchs Lesen fertig. Ein Autor hat nur sechsundzwanzig Bausteine, aus denen er einen Fächer oder ein ganzes Haus bauen kann, und sie taugen nicht, sämtliche Möbel zu zimmern. Filme laden ein zu einer Fertighausausstellung. Häuser und Gärten sind formvollendet angelegt. Das kann gefallen, sogar dem nahekommen, was der Zuschauer mag und sich wünscht. Es kann ihn inspirieren, beflügeln. Und doch bleibt er Gast, wird kein Gestalter. Niedergeschriebene Geschichten hingegen laden den Leser ein, die Räume nach eigenem Gusto zu füllen, das Grün im Garten nach Gespür und Gemütsverfassung zu komplettieren.
 
Der Zuschauer bekommt etwas geboten: Er sieht und hört. Der Leser sieht nichts außer reizlosen Zeichen, die zu Wörtern verbunden sind. Erst wenn er anfängt zu lesen, entfaltet sich der Zauber: Die Wörter, Sätze, Seiten fangen ihn ein; aus ihnen sprudelt Spannung, Abenteuer, Sehnsucht, Wehmut, Trost und Trauer, Lachen, Leben, Lust.
 
Aber hat die Moderne das alles nicht längst überholt, selbst den Film, den altmodischen, hinter sich gelassen? Ist nicht der PC-Spieler der wahre Gewinner im Geschichten-Erleben? Er lässt nichts Erzähltes über sich ergehen, er gestaltet es mit! Ist er nicht der kreativste, fantasievollste Konsument von allen? Auf den ersten Blick vielleicht. Aber was ist er tatsächlich?
 
Der Spieler begibt sich wie der Zuschauer und der Leser in eine fremde Welt, aber er muss etwas tun, um sie erlebbar zu machen. Er kann nicht genießen ohne zu handeln. Er tut in einer fremden Welt, was die Menschen seit Anbeginn ihres Daseins in ihrer eigenen Welt tun: Agieren, Reagieren, Interagieren, Kämpfen, um sich zu profilieren, zu amüsieren, sich mit anderen zu messen, an ihnen zu wachsen oder zu scheitern. Er folgt einem Weg, den ein anderer angelegt hat zu einem Ziel, das ein anderer definiert hat. Weil er das Ziel nicht kennt, mag der Weg dorthin spannend sein, aufregend, anregend. Vor allem, wenn es hier und da einen Abzweig gibt, eine Gabelung, die vorspiegelt, selbst entscheiden zu können. Der Spieler wird Gefühle haben, Ärger, Freude, Lust, aber sie sind nicht mit seinem Leben verbunden, haben dort keine Konsequenz, lassen ihn nicht reifen. Er lebt ein virtuelles Leben, das anstrengt wie ein echtes. Nur dass es nicht echt, nicht wahr ist.
 
Geschichten hingegen wollen gar nicht wahr sein, sie wollen nur das Gefühl von Wahrheit erzeugen, Gegenpart zu den Zumutungen des Alltags, Rückzugsort für die Seele sein. Sie fordern nichts außer das Stillesein. Wer eine Geschichte liest, kann niemals scheitern. Im Zimmer der Fantasie steht ein Sofa, und das Fenster, das den Blick hinaus ins Grüne lenkt, ist weder dafür vorgesehen noch geeignet, ein Bungee-Seil daran zu befestigen. Geschichten brauchen Ruhe, keinen Krawall. Sie vertragen sich mit Bildern, nicht mit Animation.
 
Vielleicht wird man irgendwann all den Out-Geburnten statt Yoga und Klosterwochenende empfehlen, ein Buch in die Hand zu nehmen, Geschichten nicht zu konsumieren, sondern zu erlesen. Womöglich werden sie fragen, wie die Altvorderen es angestellt haben, sich mit Papier und Buchstaben zu amüsieren. Und warum sie als moderne Menschen Zeit damit verschwenden sollten, auf Schwarzweiß zu gehen in ihrer fröhlich bunten smartgephonten Online-Welt.
Wie schade das wäre!
(c) Nikola Hahn
 
u.a. als Kolumne veröffentlicht bei Qindie - Das Autorenkorrektiv.

Montag, 28. Oktober 2013

Bücher stehlen? Aber ja doch! Alles nicht so schlimm ...

Es gibt Themen, die treiben einen um ... Zum Verständnis: SB = Spiegelbest, ein sog. "Buchpirat", der auf der Internetseite Qindie (einer Autoreninitiative für unabhängiges Publizieren(!), der ich auch angehöre, was es nicht besser macht), eine kostenlose Werbeplattform erhielt.

„Denke … selbst (wenn möglich).“ Mit dieser schönen Einleitung beginnt auf der Plattform Qindie ein Kommentar zum Thema „Buchpiraterie“. Ich konnte mich einer Erwiderung nicht enthalten und frage: Ist das wirklich zu Ende gedacht? Im Falle von SB geht es nicht um Meinung haben oder nicht haben oder um Gestrige, die nicht offen wären für Neues. Es geht schlichtweg darum, dass hier jemandem, der sich offen zu kriminellem Tun bekennt (oder, wie bitte, soll man den Euphemismus „Bücher befreien“ mit ein bisschen Nachdenken anders subsumieren?), eine Werbeplattform geboten wird, um sich und sein Tun in geschmeidigen Worten zu bewerben.
Was das Neue angeht, das wir denken müssen: Das ist alles richtig! Alte Zöpfe abzuschneiden tut weh, es wird Verlierer, es wird Gewinner geben, Manches wird untergehen, Neues wird entstehen. Wahrscheinlich begreifen wir den gegenwärtigen Umbruch der Welt ebensowenig wie die Menschen den Umbruch der Welt durch die Erfindung des Automobils begriffen haben: „Diese Maschine wird das Pferd nie ersetzen können“, das meinte man damals mit dem gleichen Ernst wie auch heute über alte Zöpfe debattiert wird. Also: Alles richtig, was die Modell-Diskussion angeht, das Wege-Suchen, das Kritisch-Beleuchten.
Aber was hier und auch in anderen Debatten gemacht wird, ist viel mehr als das: Man hat Verständnis für den Automobilisten, der ob der Begeisterung für sein Gefährt Hühner, Kinder und alte Leute überfährt und das damit rechtfertigt, dass sie eben zu langsam die Straße überquert haben. Wir reden mit dem professionellen Ladendieb, der nach Abschaffung der Tante-Emma-Läden und Einführung großer Warenhäuser mit dem Argument kommt: „Wer einen solchen Konsumtempel betreibt und die Waren so verführerisch frei hinlegt, ist doch selbst schuld, wenn ich sie mir nehme.“ Es ließe sich fortführen: „Wie bitte? Du willst nicht, dass jemand deine Kreditkarte missbraucht? Dann bezahle gefälligst weiterhin mit Bargeld!“ Wer will, kann sich weitere Beispiele überlegen.
Neues wird immer dazu führen, dass es Menschen gibt, die daraus auf Kosten von anderen ihren Vorteil ziehen, im schlimmsten Falle werden neue Formen der Kriminalität entstehen. Das ist im und mit dem Internet nicht anders. Es geht also nicht um neue Wege, es geht darum, wo wir die Grenzen setzen wollen. Welche Werte wir leben und vermitteln wollen. Ob wir Kriminelle salonfähig machen wollen. Leute, von denen wir nicht mal wissen, wer sie sind! Leute wie SB, bei denen selbst die Maske, hinter der sie sich verstecken, gestohlen ist.
Es geht nicht darum zu reden, kontrovers zu diskutieren, Probleme zu thematisieren. Es geht darum, beliebig zu werden, für nichts mehr zu stehen, keine Grenzen mehr zu kennen und für keine mehr zu kämpfen. Ist doch alles nicht so schlimm. Ich hab doch Verständnis, für alles und jeden. Schöne neue Welt.

Links:

Qindie - das Autorenkorrektiv
Original-Kommentar von Stefan Holzhauer und meine Originalreplik 

Samstag, 26. Oktober 2013

Wut im Bauch!

Ja, ich gehöre auch zu denen, die es NICHT gut finden, dass Leute vom Schlage eines "Spiegelbest" ein Forum und damit Gratis-Werbung(!) ausgerechnet bei einer Selfpublishing-Organisation erhalten, die Qualitätssicherung auf ihre Fahnen geschrieben hat (Qindie). Verflixt noch mal: Warum musste man auch noch das Piratennest mit Adresse benennen?!
Natürlich halte ich die Diskussion aus, auch, dass anderen der Illegal-Download ihrer Bücher egal zu sein scheint. MIR ist das NICHT egal. Weil ich auch etwas dagegen hätte, wenn am Monatszweiten die Hälfte meines Gehalts zurückgebucht würde, weil jemand meint, er bräuchte auch ein bisschen Geld und ich hätte ja ohnehin noch genug und außerdem ... Lassen wir das.
Natürlich trete ich deshalb nicht bei Qindie aus, aber ich finde schon, dass man eine solche Diskussion, wenn schon, mit etwas mehr "Hinterdenken" anzetteln sollte. Das Statement des Herrn "Buchpiraten" ist ein geschickter Marketing-Schachzug. ER zumindest hat seine Publicity bekommen. Wenn Qindie nicht aufpasst, bleibt es auf dem Kollateralschaden sitzen.  
Wenn ich überlege, wie viel - gerade in Selfpublisher-Kreisen - Wert darauf gelegt wird, "frei" zu sein, frei von inhaltlichen, frei von organisatorischen, frei von VERLAGS-Zwängen - und die gleichen Leute finden es dann überlegenswert, mit "Unternehmungen" zu liebäugeln, deren "Inhaber" die Entrechtung von Autoren zum Geschäftsmodell erklärt haben? Das macht einigermaßen fassungslos.
Und mal ehrlich: Gerade die Selfpublisher gehen doch mit der Preisgestaltung schon mehr als es teilweise die Schmerzgrenze erlaubt, auf ihre Leser zu. Einen Roman für den Gegenwert einer Tasse Kaffee oder einer Schachtel Zigaretten! Wenn Leser nicht mal bereit sind, das zu bezahlen: Welchen Wert messen wir uns selbst, unserer Arbeit noch zu? Statt Pionierarbeit zu leisten, indem wir Selfpublisher selbstbewusst sagen: Hey, Verlage, Ihr habt im Printbereich durch die Möglichkeit, große Auflagen zu drucken, die Nase vorn, was die Preise angeht, aber WIR haben im eBook-Bereich die Nase vorn, weil wir die günstige Herstellung eines eBooks eben nicht auf den großen Verlagsapparat übertragen müssen ... Nein, statt dessen wird "Gratis-Kultur" gefahren oder eine Flatrate schöngeredet. FLATRATE für Bücher. Supi. Was und wer wird davon wohl profitieren? Natürlich die Bestseller. Aber doch nicht engagierte und schreibende Überzeugungstäter, die nicht bei jedem Wort auf den Publikumsgeschmack schauen und vielleicht gerade deshalb lesenswerte Bücher schreiben? Haben diejenigen unter uns, die aus der Verlagswelt kommen, nicht genau das im Selfpublishing gesucht? Die Freiheit, gerade einmal NICHT jedem Trend hinterherzuschreiben? Sich gerade NICHT von anderen bestimmen, bevormunden zu lassen? Das, was "Spiegelbest" macht, propagiert und will, widerspricht dem Gedanken der Schriftsteller- und Verlegerfreiheit gleichermaßen. ER weiß, was für uns gut ist. Und wenn wir das nicht einsehen, dann haben wir halt Pech gehabt und sind von gestern.
Ok. Dann bin ich von vorgestern.*
 
Und hier ein paar Links zum Verständnis:

Qindie - das Autorenkorrektiv (Startseite)
Beitrag von (Qindie-Mitglied) Ruprecht Frieling dazu (und darunter meine in Wallung geschriebene Erwiderung, die über das Oben Gesagte noch hinausgeht ;))

* In leicht abgewandelter Form habe ich den Post auch bei Qindie hinterlassen.

Dienstag, 15. Oktober 2013

Buchmesse 2013 - Eine Bilderreise mit Gewinnspiel

Dreimal "Der Garten der alten Dame" zu gewinnen!

 
Während ihres Messerundgangs traf Nikola Hahn unversehens auf eine ihrer Romanfiguren aus "Der Garten der alten Dame". Natürlich hat sie ihre Begegnung im Bild festgehalten - nur in welchem? Und wen hat sie nun getroffen?
 
Unter allen richtigen Einsendungen, die bis zum Samstag, 19. Oktober, im Thoni Verlag eingehen, werden drei Exemplare des Romans "Der Garten der alten Dame" verlost!

1. Preis: "Der Garten der alten Dame", Frühlingsgarten (farbige Schmuckausgabe)
2. Preis: "Der Garten der alten Dame", Herbstgarten (mit Schwarzweißillustrationen)
3. Preis: "Der Garten der alten Dame", Wintergarten (vollständige Textausgabe)

Hier geht`s zur Buchmesse-Bildergalerie und dem Gewinnspiel - viel Vergnügen und viel Glück!
 

Sonntag, 13. Oktober 2013

Messerückblick - Braucht das jemand?


Eigentlich ist es erschreckend, wie schnell der Alltag einen wieder hat … aber so ein bisschen kann man es hinauszögern, es ist ja (noch) Sonntag. Spät fing sie diesmal an, „meine“ Messe, erst gestern. Der Gang zum Bahnhof, der Herbstduft in der Luft, das war die gewohnte Einstimmung. In der Bahn sitzt mir ein Junge gegenüber, geschätzte fünfzehn Jahre alt, und ich warte instinktiv darauf, dass es passiert. Aber er schaut bloß aus dem Fenster. An der nächsten Station steigt sein Freund zu, kramt in seiner Tasche. Jetzt aber! Wieder täusche ich mich. Statt seines Handys holt er eine Tüte mit Croissants heraus und die beiden Jungs verbringen die Bahnfahrt mit einem Gespräch. Nicht einmal wird telefoniert, gesimst oder überhaupt nur das Handy rausgeholt. Lange nicht mehr erlebt, schön zu sehen.
Die Bahn fährt bis zur Messe durch, aber ich steige wie immer am Hauptbahnhof „Tief“ aus. Das muss sein! Dieses Mal auch deshalb, weil ich endlich herausfinden will, wo sich  meine Lieblingsbuchhandlung versteckt. B-Ebene, ein dunkles Eck, die Lichter sind noch aus. Ich schiebe einen Gruß unter der Glastür durch, dass ich mich aufs Treffen am Abend freue und gehe nach oben. Ich liebe diese knapp zehn Minuten Fußweg vom Bahnhof bis zur Messe, genieße es, ein Teil der Rucksack tragenden, Rollkoffer ziehenden Karawane zu sein. Die Messe öffnet um neun, ich habe noch Zeit, mache einen Abstecher zum Skyline Plaza, Frankfurts neuem Einkaufstempel. Edel sieht es drinnen aus – und es herrscht gähnende Leere. Die Buchhandlung im ersten Stock: verschlossen wie die meisten Läden, aber nun weiß ich wenigstens, wo ich abends hin muss.
Und jetzt, endlich: Auf zur Messe! Vor dem Eingang packen die Händler des modernen Antiquariats ihre Ware aus, prallvolle Kisten, ein Schild: Alle Bücher für zwei Euro! Die ersten Besucher wühlen schon.
„Vorsicht, Buch!“, begrüßen zwei lächelnde junge Frauen die Besucher. Der gelb-schwarz in Szene gesetzte Slogan des Börsenvereins: Wo passte er besser als am Eingang zu dieser verrückten Bücherwelt? Ich frage und darf fotografieren, B-Ebene, Skyline Plaza, Hammering Man, Bücher-Warnung. Es wird noch einiges dazukommen.  
Hinter dem Durchlass innehalten, sortieren: Jacke aus, Plan raus. Wo will ich hin, und wo muss ich hin? Die neuen Visitenkarten griffbereit – und, ach!, die Lesebrille, die mal wieder daran erinnert, dass ich nicht mehr zu den jungen Besuchern gehöre. Ich weiß nicht mehr, wie viele Jahre (oder sollte ich ehrlich sagen: Jahrzehnte) es her ist, seit ich zum ersten Mal auf der Messe war. Als sehr junge Leserin, später als unerfahrene Autorin, die hoffte, einen Verlag für ihr Manuskript zu finden, und noch viel später als Autorin, die „es geschafft hatte“, und das auch noch mit einem Hardcover-Schmöker bei Ullstein! Ich muss lächeln bei der Erinnerung. Das war wohl das einzige Jahr, in dem ich nur als Autorin auf der Messe war, und der Leserin nicht mal ein halbes Stündchen gönnte fürs Stöbern nach neuem Lesestoff.

Tja, und dieses Jahr bin ich als multiple Persönlichkeit eingelaufen: wie gewohnt als neugierige Leserin, dazu als Autorin, die sich auf persönliche Begegnungen mit ihren Lesern freut, außerdem als Kriminalbeamtin auf der Suche nach Fachliteratur, und last not least als Verlegerin mit diversen Terminen. Die Messe ist eine gute Gelegenheit, Geschäftspartner, mit denen man bislang nur per Telefon oder eMail kommuniziert hat, persönlich kennenzulernen. Und dann gibt es solche Zufälle, die nur an solch einem bücherverrückten Platz geschehen können …  Mein „Nachfolger“ im Terminkalender bei KNV (Barsortimenter und Partner für den Druck meiner Bücher aus dem Thoni Verlag) ist ein Mönch aus der Abtei Münsterschwarzach. Ob ich die Abtei kenne? „Aber sicher!“, sage ich lächelnd. Immerhin habe ich die Erlaubnis, den berühmten Cellerar der Abtei, Pater Anselm Grün, in meinem Roman „Der Garten der alten Dame“ zitieren zu dürfen. Ein kurzes, herzliches Gespräch, für das ich mich selbstverständlich mit einem signierten Buch bedanke.
Nächster Termin in der gleichen Halle, nur einige Schritte entfernt, beim Börsenverein. Ich nutze die verbleibende Zeit, um meine ersten Eindrücke zu notieren, melde mich an. Und dann: Rollenwechsel. Eben noch gewöhnliche Messebesucherin, jetzt, nur zwei Tische weiter, versorgt mit Keksen und Getränk die Verlegerin, die auf ihre Gesprächspartnerin wartet. Diesmal geht es um die Distribution meiner eBooks in den Buchhandel. Wir reden lange, und schließlich wechseln wir von „e“ nach „p“, diskutieren über das Vergnügen, gut gesetzte Bücher zu machen und zu lesen, über den Umgang mit Sprache, und die getaktete Zeit gerät aus dem Ruder. Wir lachen beide, als wir merken, dass die halbe Stunde eines gewöhnlichen Geschäftstermins längst vorüber ist. Wir kehren zum Büchermachen zurück, und einmal mehr wird mir klar, dass ich das mittlerweile genauso liebe wie das Bücherschreiben.
Danach macht die Verlegerin erst mal Pause; die Leserin hat am Morgen schon nach Halle 3 geschielt, jetzt darf sie hin: ins Reich der gedruckten Fantasie. Ja, auch in Halle 4 ist die Fiktion zu Hause, aber "die Drei" ist und bleibt für mich das Messe-Synonym für belletristisches Schreiben. Leider nicht nur für mich. Unglaublich, wie viele Menschen sich inzwischen durch die morgens noch angenehm luftigen Hallen schieben, wer stehen bleibt, stört den Fluss. Ich beschließe, meine Leserseele in Halle 4.1 zu befriedigen. Der Weg dorthin endet erst mal an der Rolltreppe; zahllose Sicherheitsleute in knallgelben Jacken versuchen die Massen zu lenken.
„Bitte immer zu zweit auf eine Stufe!“ – „Bitte einen größeren Bogen gehen!“ Sie tun ihre Arbeit freundlich und dezent, trotzdem: Das Gefühl eines Herdenauftriebs bleibt.
Auch in Halle 4 herrscht Gedränge, aber es ist nicht ganz so voll. Es bleibt Platz fürs Verweilen – und die Erinnerungen sind wieder da: Diese engen Nischenstände, in denen man schon Platzangst kriegt, wenn sich mehr als zwei Leute darin unterhalten, in denen es weder Kaffeeautomaten noch Konferenzgebäck gibt, nur: Bücher. Ich denke an den verstorbenen Verleger Theo Czernik, an seinen kleinen Stand, die schönen Lyrikbände, die er herausgab, an die unvergesslichen Gespräche, die wir führten. Langsam gehe ich von Stand zu Stand, bewunderte fantasievoll dekorierte Bücherregale, schaue einem "alten Drucker" zu, um dessen historische Druckerpresse sich Kinder mit leuchtenden Augen scharen, und dann, ich glaube es kaum, begegnet mir Rudi! Oder sollte ich sagen Luigi? Keine Ahnung, warum ich auf die Idee kam, eine "lustige Lok" in den "Garten der alten Dame" einzubauen, aber offenbar ist hier noch jemand der Meinung, dass kleine Eisenbahnen gut in Bücherwelten passen. Nach der nächsten Standreihe nimmt die Leserin und jetzt auch wieder: Autorin Abschied, und schon wenig später stöbert die Kriminalkommissarin nach Fachliteratur. Passend für beide der vorletzte Termin, ein kleiner Krimiverlag, den Verleger kenne ich aus dem Polizeibetrieb, und wissenschaftliche Bücher verlegt er auch. Da haben zwei Verrückte mehr als eine Stunde genügend Stoff zum Debattieren.
Den Abschluss sollte eigentlich ein Lesertreffen bilden, aber per SMS kommt die Info, es klappe leider nicht. Ich ziehe mich in eine Ecke im ARD-Forum zurück, im Hintergrund tönt eine Einspielung des neuen Polizeirufs 110. Die laute Stimme der Moderatorin fügt sich an, die über den Film spricht. Ich schaue mich um und grinse: Selbst im Tempel der bewegten Bilder hat das Buch die Macht. Links und rechts von mir sitzen sie, lesend. Jung und alt. Vorsicht, Buch! Herrlich.
Ich versuche noch einmal mein Glück in Halle 3.1 – zwecklos. Nicht jammern, jubeln! Ein solches Gedränge an einem Ort, wo in der Hauptsache auf Papier gedruckte, uncoole und un-enriched langweilige Buchstaben ausgestellt sind: Gibt es eine größere Liebeserklärung an das "altmodische" Medium Buch?  
Nichtsdestotrotz: Der Rücken schmerzt, die Füße mosern; ich beschließe, den Messebesuch „drinnen“ abzuschließen. Als ich nach draußen komme, Enttäuschung: Es regnet, und die Stände der Antiquitätenhändler sind größtenteils immer noch – oder schon wieder – abgedeckt. Schade. Was habe ich hier schon Bücherschätzchen aus dem alten Frankfurt gefunden! Ich spanne den Regenschirm auf, wiederhole den Weg von heute Morgen … Jetzt ist das Skyline Plaza aufgewacht, lebt, pulsiert.
Ende August hat Osiander im ersten Stock eine Buchhandlung eröffnet. Eigentlich mag ich Buchhandlungen in Shoppingmalls nicht sonderlich, der Bücherduft verliert sich zumeist zwischen zu viel Glas und Style. Bücher seit 1596, das klingt sympathisch. Und was ich sehe, gefällt mir: weit geöffnete Türen, durch die die Bücher bis auf den Gang herauszukommen scheinen. Drinnen zahlreiche Kunden, die stöbern, blättern, probelesen. Und die Messe ist auch hier: Autoren signieren ihre Bücher. Am Eingang sitzt Jochen Rausch, spricht mit einer Mitarbeiterin. Ein Blick zur Uhr: Seine Signierstunde hat gerade erst begonnen, noch ist niemand gekommen – ich spüre plötzlich das Gefühl, das ich bei meiner ersten Signierstunde hatte: Neben mir ein Stapel Romane, vor mir ein Stift und der Gedanke: O Gott! Und wenn jetzt niemand kommt? Es kam mehr als jemand, und ich bin sicher, hier wird es auch nicht mehr lange dauern.

Ich gehe die Regalreihen entlang, die Leserin kann das Stöbern nicht lassen, schon habe ich ein Buch in der Hand. Und die Autorin kann`s auch nicht lassen und freut sich, „Die Detektivin“ im Regal zu entdecken. Aber deshalb bin ich nicht hier. Es geht um eBooks, es geht um Leseexemplare für den Buchhandel, denn in den Buchhandel möchte ich nicht nur mit meinen historischen Romanen, sondern auch mit dem neuen Programm aus dem Thoni Verlag. Dass sich hier für Leser Zeit genommen wird, habe ich schon während meines Streifzuges gemerkt – und Zeit hat man auch für ein Gespräch mit der Verlegerin. Lächelnd signiert die Autorin ihr Buch aus dem Regal, und die Leserin stellt sich an der Kasse an und verlässt kurz darauf zufrieden den Laden. Mit einem neuen Buch in der Hand. 
Die letzte Station auf meiner „Messereise“ führt mich zurück in die Unterwelt der B-Ebene im Bahnhof, und auch hier werden Erinnerungen wach. Es ist der Geruch nach abgestandener Luft, der mich mehr als fünfundzwanzig Jahre zurückführt … einen Moment lang bin ich wieder die junge Polizistin, eingesetzt zur Drogenbekämpfung im Bahnhofsviertel. Keine gute Erinnerung. Weg mit den alten Kamellen, die Leserin und die Autorin freuen sich! Schließlich ist mein Ziel eine Buchhandlung. Der Kontrast zum noblen Skyline Plaza könnte nicht größer sein, und objektiv betrachtet gibt`s nicht viel Schönes zu sehen: Ein Laden, in dem es billige Bücher gibt. Auf den ersten Blick. Der zweite irritiert. Eine Schaufensterdekoration wie in einer ganz normalen Buchhandlung; nirgends gestapelte Ramschkisten und lieblos hingeworfene Cent-Ware. Stattdessen nach Themen sortierte Regale, und selbst die obligatorischen Bücherwannen in der Mitte des Raums sehen irgendwie … mit Liebe gestaltet aus. Genau das ist es, was mich auf diesen Laden aufmerksam werden ließ: dass er von begeisterten Büchermenschen geführt wird, und die Chefin Mandy werde ich gleich persönlich kennenlernen, nachdem wir uns bislang nur virtuell begegnet sind. Sie steht an der Kasse, davor eine Reihe Kunden, Mandy und ich begrüßen uns kurz; sie kümmert sich weiter um die Kunden, und ich bestaune DAS Regal: „Unsere deutschen Autoren“. Hat für Irritationen bei einigen Gutmenschen geführt, aber liebevoll ist es gemacht und gemeint.  Spätestens seit dieser Aktion ist der Laden Kult nicht nur bei Lesern, sondern auch bei Schriftstellern, und Mandy stellt sie der Reihe nach auf ihrer ebenfalls mit viel Bücherliebe gestalteten Facebookseite vor, die bekannten wie die unbekannten, nebeneinander, nacheinander, unterschiedslos.

Bevor wir uns endlich in Wirklichkeit und nicht nur virtuell umarmen und begrüßen können, vergeht eine Weile, in der ich Zeit habe zum Stöbern. Und ich sehe, was ich längst weiß: Nicht der Laden, sondern Mandy ist Kult, weil sie diesem versteckten Bücherland hier unten ein Gesicht und eine Seele gibt. Ich muss grinsen, als sie geduldig lächelnd einer Kundin den Weg zur Konkurrenz beschreibt, wo sie sicher das gesuchte Buch von Alice Munro ("Die mit dem Literaturnobelpreis, Sie wissen schon?") finde. Endlich haben wir Zeit füreinander, es wird mein längster Termin heute – ach was, Termin! Ein wunderbares Gespräch über Bücher, nur unterbrochen vom Dienst am Kunden.

„Auch Leute, denen das Geld fehlt für neue Bücher, haben das Recht auf eine gut sortierte Buchhandlung und vernünftige Beratung!“, sagt Mandy bestimmt. Und dass es durchaus möglich sei, in einem "Gebrauchtbuchladen" auch Neuausgaben zu verkaufen. Leider sehen das nicht alle so. Ihre Zeit hier wird nach gut sieben Jahren zu Ende sein. Das Weihnachtsgeschäft noch, dann heißt es langsam Abschied nehmen. Auch wenn es den Laden weiterhin geben wird: seiner Seele wurde gekündigt. Keiner versteht es, die Kunden nicht, die Autoren nicht, Mandy nicht. Sie findet sich ab. Ihren Humor und ihre Bücherliebe kann ohnehin niemand kündigen.
Zum Abschied schießt ihr Mann ein Foto von uns vor dem „Autorenregal“. Es ist mein letztes Messefoto. Die nächsten Kunden wollen bezahlen. Umarmung, au revoir – ich stelle mich hinten an und verlasse den Laden mit einem neuen Buch. Die Leserin in mir kann einfach nicht anders.
PS: Die Bildergalerie zum Bericht folgt in Kürze …

Meine erwähnten Bücher:
Die Detektivin
Der Garten der alten Dame 

Die erwähnten Buchhandlungen:
Mandy bei Facebook
Osiander in Frankfurt 


Update, 15.10.2013
... Und hier sind die Bilder.
 
 
 
 

Platz da!!

Also, ich weiß ja nicht, wie es anderen Schreiberlingen geht - aber bei mir haben die Figuren ab und zu das Verlangen, ein Eigenleben zu führen. Ts! Machen die einfach ein Theater auf und besetzen die Bühne. Aber nix da! Ich bin der Stärkere, äh, die Stärkere und schubse sie jetzt einfach mal beiseite: BUCHMESSE! Für alle, die nicht hinkonnten, nicht hinwollten: Heute Abend gibt`s (m)einen kleinen Messerundgang :)

Freitag, 11. Oktober 2013

BUCHTHEATER - 2. Die Akteure


1.
Der Inhaber von THONI – Der Verlag ohne Bücher, der wegen seiner hauptberuflichen Tätigkeit nicht ins Internet darf und deshalb kurzerhand: DerVERLEGER genannt zu werden wünscht, auch wenn er gar nichts verlegt. Einfach der Einfachheit halber.

2.
Bertram Buchmann, auch Berti der BUCHHÄNDLER genannt, mit dem kleinen Laden an der Ecke, der schon lange nicht mehr weiß, wie und wo er die ganzen Neuerscheinungen in seinen wenigen Regalen unterbringen soll und der am liebsten nur noch literarische Perlen verkaufen würde, wenn er denn wüsste, an wen.

3.
Willi, der WIRT, mit der kleinen Kneipe vor der Ecke, denn an der Ecke ist ja schon der Buchladen von Berti. Willi hat auch einen Nachnamen, aber den hat er vergessen, denn alle sagen sowieso nur Willi zu ihm.

4.
Rudi Ratlos, der rasende REPORTER, der vorwiegend bei der örtlichen Tageszeitung Neues Nachrichtenblatt ( NNB ) und so frei arbeitet, das er abends nicht weiß, wovon er morgens seine Brötchen bezahlen soll und deshalb ständig auf der Suche nach good news, das heißt also bad news ist - und dabei die unsinnige Hoffnung hegt, dass seine Artikel nicht nur new, sondern auch sinnvoll sein könnten. Und dass ihn sein Chef in Ruhe lässt. Was leider beides zumeist nicht der Fall ist.

5.
Eduard "Eddy" Weber, der MARKETINGEXPERTE, wegen seines Faibles für crossmediale Werbekonzepte auch Ad Web genannt, der nachgerade vor genialen Ideen birst und alles und jeden groß rausbringt, weshalb er sich ohne Probleme gleichzeitig für Bücher, Hämorrhoidensalbe und Küchenrollen begeistern kann.

6.
Annabelle Chanson, alias Anna Conda alias A.C. Dacon, die AUTORIN, die im realen Leben Annegritt Müller-Eckehardt heißt, in einem Reihenendhaus wohnt und ihre Brötchen je nach Trend mit Liebesschmonzetten, Histoschinken oder Regiokrimis verdient, was ihr nachgerade zum Hals heraushängt. Um nicht durchzudrehen, schreibt sie nebenbei heimlich Kochbücher und Gedichte.

7.
Henning Hundekötter, Versicherungsvertreter und ohne jedes Pseudonym. In fünf Jahren nächtlicher Schreibarbeit hat er einen epochalen Roman verfasst, für den er einen adäquaten Verlag sucht.

8.
Lisa Liesmich, die leidenschaftliche Bücherwürmin, die heimlich bei amazon zum REZENSENTUS ANONYMUS mutiert und voller Wut Werke zermust, die pro Exemplar ein geschätztes Siebenundreißigstel ihres Monatsgehaltes und wertvolle Lebenszeit gefressen und NULL gebracht haben. Dabei sucht sie einfach nur schöne Bücher: zum Abschalten, Aufregen, Gern lesen, WOHLFÜHLEN. Aber die verkauft ihr ja keiner.
  
9.
Die Lektorinnen - ja, richtig gelesen: Es sind derer zwei, und eine von ihnen heißt Bella. Und beide haben es wahrlich nicht leicht mit der Content-Mafia und den Allüren werten Frau Autorin.
 
 
Und last not least:
 
10.
Der Chronist, ein aus der Zeit gefallener Wichtigtuer, der jeden Tag mindestens eine Stunde der Ära der mechanischen Schreibmaschinen nachweint und tatsächlich glaubt, Facebook in eine chronologische Reihenfolge bringen zu können. 

Donnerstag, 10. Oktober 2013

BUCHTHEATER - 1. Die genialste Idee überhaupt

Mittwoch, im Oktober, nachts um 01.15 Uhr  

Wieder mal Buchmesse, ich lese Artikel, Eindrücke, Erinnerungen werden wach. Da war doch diese Idee, mal so richtig Theater über Bücher und Bücherleute zu machen … Zwei Jahre zurückswitchen – Herbst 2011, nee, das war nicht schön, dieses tiefe Loch, ein K(r)ater, klassisches Symptom der sogenannten AAD, einer inzwischen unter Schreiberlingen weit verbreiteten Krankheit: die sogenannte Amazon-Autoren-Depression: Man hat den hippsten Bestseller überhaupt geschrieben, und die Leser haben ihn nach fünf Wochen sozusagen im Handumdrehen von null auf Rang 498 789 geschleudert. Und dann, ich kann mich noch gut erinnern, überfiel mich diese ungeheure, durch nichts gerechtfertigte Euphorie, denn da war sie: EINE IDEE. Und Ideen sind für Schriftsteller wie eine Dosis, na ja, schweigen wir lieber. Es war jedenfalls wie heute irgendwann in der Nacht, und ich sprang durch die Küche und machte mir erst mal einen Espresso, der den Schalk vom Nacken sonstwohin trieb: Brainstorming Windstärke zwölf. Was juckte es mich, dass der Wecker um 05.20 Uhr klingeln würde. Pfeif drauf. Ich muss grinsen: Ja, so fing es an!
Und nun, die Buchmesse und die Erinnerung sind schuld, packt es mich wieder, ich schleiche um den fast vergessenen Ordner in meinem PC, öffne ihn: die Idee bekam Flügel – mehr noch, sie fängt gerade jetzt an zu fliegen. Ich lache und beschließe, die Geschichte noch mal zu erzählen, obwohl sie längst erzählt ist. Ich klaue bei mir selbst. Hemmungslos. Aufmerksame Leser werden es mir hoffentlich verzeihen. Und die anderen bitte ich dringend, NICHTS mehr für bare Münze nehmen, was ab sofort und bis auf Weiteres hier auf diesem Blog erscheint. Das ganze Theaterstück – eine Farce. Die Geschichte: dreist erfunden. Und hier ist er schon, der VERLEGER, diese lächerliche Figur, die es gewagt hat, MEINEN Verlag zu missbrauchen für eine Idee, die so bescheuert ist, dass die Buchstaben vor Scham aus den Büchern fallen. Womit wir schon mitten im Thema wären.   
„Grfmppff!! Ich hab`s doch gewusst: Diese Möchtegern-Autoren, diese Zeitblutsauger! Die lesen nur VERLAG, und schon läuft der Geifer raus und der Drucker heiß, und bei der Post klingelt die Kasse, und ich hab den Ärger! Was da drin ist, in all den Großbriefen, Päckchen und Paketen? Tote Bäume! Sinnlos bedrucktes Papier! MANUSKRIPTE!!!!!“
-        Fortsetzung folgt. Aber vorher klingelt erst mal der Wecker um 5.20 Uhr.

Freitag, 30. August 2013

Garten und Fantasie - alleingelassen

Nein, mein Garten war nicht zu beneiden während der vergangenen Monate, oder vielleicht doch? Keine Zeit hatte ich fürs Unkrautjäten, keine fürs Blumenpflanzen, nur die Minuten fürs Gießen knapste ich mir ab, was zum Glück ja nicht häufig nötig war, da der Himmel das Gießen, von wenigen Wochen Hitze mal abgesehen, zumeist dankend übernahm. "Was macht ein Garten ohne Gärtner? Weiterwachsen." Und wie! In-Ruhe-gelassen-werden kann befruchtend sein, NICHTS zu tun den Blick für Neues öffnen. Das liegt selten klar auf der Hand, aber wenn man die gefühlten dreiundzwanzig Tonnen Unkraut weggejätet hat, findet man Ein- und Ausblicke, die es so nicht gegeben hätte, wäre man rührig gewesen, hätte mehr eingegriffen.

Der Garten ist ein wunderbares Symbol für das Leben; er erzählt so viel, und man kann mit ihm so viel erzählen - auch reden, gewiss, aber das ist hier nicht gemeint. Monatelang habe ich kaum einen Fuß hinausgesetzt ins Grün, im Vorbeigehen ein paar Tomaten genascht und gedacht: Irgendwann musst du ran, die Wege freimachen.

Heute war es soweit, aber das habe ich schon im Gartenblog beschrieben, hier geht es um die anderen Wege, die freizumachen waren, die jede Menge Jäten, Säen, Wässern erforderten. Es ist geschafft, der Boden ist bereitet - jetzt muss es nur noch keimen, wachsen, gedeihen. Der Gärtner braucht Geduld. Und ich freue mich auf Urlaub.

Bis demnächst aus der Schreibstube ...

Nikola

PS:
Zum Garten-Jäten ...
Zum Buchstaben-Jäten ...


Freitag, 2. August 2013

Post vom Anwalt und ein Abschied ...

Es gibt solche Momente, in denen man sprachlos ist ... Heute Abend beim Lesen in meinem Twitter Account war es so weit: "7600 Euro für einen Lokalzeitungstext/Journalist verklagt Musikerin Scarlett O´." Gut, die Diskussion um die sogenannten "Pressespiegel" ist nicht neu, und im Oktober soll es eine Entscheidung zur Verwendung von Rezensionsausschnitten aus Zeitungen im Rahmen der Buchwerbung geben. Und, auch ja: Streng juristisch genommen greift hier das Zitatrecht nicht. Und, ja: Menschen, die (professionell) schreiben, sollen damit auch Geld verdienen dürfen. Und noch mal ja: Das Urheberrecht gilt auch im Internet. Und für Pressetexte. Alles klar?
 
Nein. Nicht mal juristisch ist alles klar. Das bedeutet aber, dass jemand, der nicht seine Tage damit verbringen will, anwaltliche Schreiben zu konsumieren, Konsequenzen ziehen muss. Dass Abschied genommen werden muss von lieben, alten Gewohnheiten, die jahre-, ja, jahrzehntelang üblich waren, die allen, die daran beteiligt waren, irgendwie genutzt haben. Und hier ist der kleine, aber feine Unterschied zur "gewöhnlichen" Urheberrechtsverletzung: Es geht nicht darum, dass jemand einen fremden Text ungefragt veröffentlicht, zu dem keinerlei Beziehung besteht. Scarlett O´ bringt es sehr schön auf den Punkt: Wenn es mich als Künstlerin nicht gäbe, hätte der Journalist nichts zum Schreiben.
 
Diese gute, alte Gewohnheit war eine typische Win-win-Situation: Der Journalist berichtet über Musiker und Schriftsteller, er geht zu Veranstaltungen, und selbstverständlich zahlt er nichts dafür. Wird ebenso selbstverständlich gratis bewirtet, wenn es denn Bewirtung gibt, und dass er, im Falle, er beschäftigt sich mit einem Autor, ein Gratis-Exemplar des Buches bekommt, das er besprechen will, gehört natürlich auch zum Angebot. Die Meinung des Journalisten kann der Künstler damit nicht "kaufen", aber wie hat das jemand so schön formuliert? Die Pressemappe eines Künstlers ist sozusagen sein öffentlicher Arbeitsnachweis. Aufmerksamkeit ist die Währung, in der hier bezahlt wird. Von beiden Seiten. Im Gegensatz zum Autor, der sich spannende, interessante Geschichten ausdenken kann und darf, muss der Journalist das nehmen, was die Wirklichkeit ihm anbietet und damit seine Leser locken. Kunst und Kultur sind sozusagen die Köder. Es kann sein (und kommt gar nicht so selten vor, wie wir Künstler alle leidvoll wissen), dass man die gewünschte Aufmerksamkeit nicht erhält - oder dass die Veröffentlichung nicht "in unserem Sinne" ist, sprich: ein Verriss.
 
Die Künstlerseele schaudert`s, aber aus der Sicht der Konsumenten (Leser, Musikhörer, Kunstliebhaber): wunderbar! Als Leser kann ich das schöne Gefühl haben, dass da jemand objektiv schreibt und dann auch die gute Kritik als ehrlich einsortieren. Trotz Freikarte und Gratis-Buch. Nun weiß aber auch jeder, dass nichts so alt ist wie die Zeitung von gestern. Das mag betrüblich sein für den Periodika-Journalisten. Dass es da eine Spezies von Leuten (nämlich vor allem die Künstler) gibt, die fast liebevoll ihre Pressemappen pflegen, sollte eigentlich die Seele dieser Schreibenden streicheln: Früher wurden Pressemappen an Veranstalter gesandt, oder man machte, wann immer möglich, offline Werbung damit. Das ist schon länger passé; es blieb das Zitieren einzelner  Passagen, der Hinweis - selbstverständlich MIT Quellen- und Autorangabe! - auf Rezensionen und Artikel über die eigene Person, die eigenen Werke. Die positive Rezension, der Bericht über die Lesung oder das Konzert: Natürlich ist man als Künstler stolz, in der Öffentlichkeit "vorzukommen".
 
Aber es gibt auch das Bedürfnis des Konsumenten, sich über den Künstler zu informieren. Und das Bedürfnis des Künstlers (ich wage zu behaupten, irgendwo auch das Recht), zu dokumentieren, was alles geschrieben und veröffentlicht wird über die eigene Person. Ich zumindest habe mich stets bemüht, einen repräsentativen Strauß zu binden und ich weiß, dass die Pressemappe auf meiner Website gern gelesen wurde. Die Zitate reichen zurück bis ins Jahr 1998, als mein erster Roman erschien, über den es mehr als einhundert Presseveröffentlichungen gab, von der FAZ bis zur lokalen Heimatzeitung. Was für ein wunderbares Potpourri! Was für eine Freude, so etwas zusammenzustellen! Eine Werbung, ich maße mir an zu sagen: auch für die, die es geschrieben haben.
 
Natürlich fragt man beim Kontakt mit dem Journalisten, ob man zitieren darf. Klar nennt man Links, wenn sie denn vorhanden sind. Gerne verweist man auf die Website von Autoren/Journalisten. Aber wie viele Artikel bekommt man erst nachträglich zu Gesicht? Wie viele bekommt man, ohne dass der Autor klar erkenntlich ist, weil er unter Kürzel geschrieben hat? Klar, das ist alles rauszubekommen. Sicher, man kann sich für alles und jedes eine schriftliche Genehmigung geben lassen. Und bei Zitaten in meinen Büchern, sofern sie nicht ganz eindeutig unters Zitierrecht fallen, mache ich das auch inzwischen konsequent. Aber bei einer Pressemappe? Bei jedem Satz-Zitat? Oder gar "für Content bezahlen"? Wie sollte das denn bitte zu verstehen sein? Ich zahle, und du schreibst gut über mich? Oder, noch diffiziler: Ich (Journalist) schreibe schon vorausschauend gut, weil sich dann die Chance erhöht, dass ich meine Rezi über den begeisterten Künstler zweitverwerten kann? Welchen Beigeschmack hat eine bezahlte Kritik? Wer mag das lesen - und vor allem: glauben?
 
Vorbei.
Ich will und kann es nicht darauf ankommen lassen.
Soeben habe ich (mit sehr wenigen Ausnahmen) alle "Pressestimmen" zu meinen Büchern gelöscht.
Natürlich kann ich ohne Pressezitate leben. Prima sogar, zumal ohnehin die "Primärstimmen", also die direkten Kommentare von Lesern, einen immer breiteren Raum einnehmen.
Trotzdem: Es ist ein Abschied, der schmerzt. Ein bisschen Friedhof, sozusagen: Was ging, kommt nicht wieder.


Wer sich näher informieren möchte - eine Zusammenstellung von Links zum Thema:

Der Zeitungsartikel über Scarlett O´, auf den ich mich eingangs beziehe:

Und hier der sehr lesenswerte Beitrag dazu auf ihrer Website:
http://www.scarlett-o.de/presse.htm

Eine Zusammenstellungen von Meinungen und Fakten zum Thema:
http://www.chanson.de/rechtliche-themen-1.html
http://www.chanson.de/recht3
http://www.chanson.de/recht1
 
Diskussionsgruppe auf Facebook:
https://www.facebook.com/groups/abmahnungen/

Eine Umfrage zum Thema:
http://www.chanson.de/survey2.html
 
 
Weitere Hinweise/Artikel zum Thema:

(Hinweis auf Abmahnung bei einem Musiker)
 
(Risiko bei Pressespiegel im Internet)

Konflikt um preisende Zitate/Verzicht von Libri auf Presserezensionen
 
Rezensionsausschnitte müssen wohl lizensiert werden (plus ein bissiger Kommentar von mir/Nr. 4)

 Und hier noch ein kleiner Zusatzkommentar zu einem Lesereintrag auf meiner Facebook-Seite:

Ganz eindeutig - und auch in meinem Blogbeitrag und dem zitierten Kommentar gemeint/gesagt: Es geht NICHT um eine beliebige Verwertung journalistischer Arbeit, sondern lediglich um diese kleinen "Appetithäppchen", also (das juristisch umstrittene) Zitieren einiger Sätze oder Auszüge. Und es geht auch nicht darum, dass das jeder darf, sondern eben speziell diejenigen, die auch (und eben auf eigene Kosten) die Grundlage bereitstellen: Freikarten, Gratisbücher für Rezensionen, Bewirtung bei Veranstaltungen, und, wohlgemerkt: OHNE dass daraus eine Verpflichtung zur Veröffentlichung überhaupt, und schon gar nicht auf eine positive, "gekauft" wird. Im schlimmsten Fall (für den Künstler) investiert er (oder seine Verwerter) Zeit und Geld, um anschließend einen Verriss zu kassieren. Ja, ich höre die Stimmen: Auch das ist Werbung. Aber sicher nicht für recht unbekannte Künstler. Für die ist es oft der Abgesang. Juristisch lässt sich streiten, ganz streng juristisch lässt sich sagen: Dieses Zitieren ist keins. Wenn das so ist, muss man die Konsequenzen ziehen, auch wenn man eine liebgewordene Gewohnheit aufgibt. Das habe ich getan. Und es gleichzeitig bedauert. Weil ich finde, dass hier beide Parteien verlieren. Man KANN nicht für eine Kritik bezahlen!! Nie!! Das wird immer den Beigeschmack von Käuflichkeit haben. Und, auch nicht zu vergessen: Es haben sich ja auch längst andere Wege eröffnet. Meine Pressemappe war eigentlich ein in die Jahre gekommenes, ein dennoch liebevoll gestreicheltes Dinosaurierchen. Jetzt ist es eben ausgestorben. Das bedaure ich. Irgendwie. Liebe Grüße!
Quelle:
https://www.facebook.com/nikola.hahn1

Montag, 29. Juli 2013

Schöne Bücher machen ...


Aus eins mach vier, oder: Indie-Reise eines Romans


Mehr als vier Jahre ist es her, seit ich beschloss, meiner Schriftstellerkarriere bei Ullstein erst einmal Adieu zu sagen und einer verrückten Idee die Zügel schießen zu lassen, die mir schon eine geraume Weile im Kopf herumspukte. Eine alte Dame, ein einsames, trauriges Mädchen und seltsame Gestalten in einem geheimnisvollen Garten: das waren die Ingredienzien für meine Geschichte. Ein Buch für die Seele sollte es werden, über die Kraft der Fantasie und die Magie, die Märchen haben. Es dauerte Jahre, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war, und noch immer fand sich kein Verlag dafür. Aber ein paar Leute fanden sich, die das Manuskript lasen und mich ermutigten, die eingetretenen Pfade zu verlassen, Neues zu wagen. Und so entstand aus einer Wörter-Geschichte schließlich auch eine Bilder-Geschichte, zum illustrierten „eBook-Sommergarten“ gesellten sich der „Herbstgarten in Schwarzweiß“, der „Text-pur-Wintergarten“ und, mein Lieblingsprojekt, der aufwendig und farbig illustrierte „Frühlingsgarten“. Die Schriftstellerin verwandelte sich derweil in eine fluchende Verlegerin, die mit ihrem Layoutprogramm und gegen Metadaten kämpfte und die, nachdem die ersten Schlachten siegreich geschlagen waren, eine neue Leidenschaft entdeckte: Schöne Bücher machen wie anno dazumal – digital!

In früheren Zeiten war es nämlich durchaus üblich, Bücher zeitgleich in unterschiedlichen Ausstattungen und Preisklassen anzubieten. Da gab es die Ausgabe mit dem Pappeinband für den schmalen Geldbeutel und die in Leder gebundene Edelvariante für die repräsentative Privatbibliothek. Ich versuche, an diese Tradition anknüpfen, und deshalb erscheinen die Bücher im Thoni Verlag zeitgleich in unterschiedlichen Ausgaben oder sogar in "der falschen Reihenfolge", also das (preisgünstige) Taschenbuch vor der (teuren) Geschenkausgabe, das eBook vor der Printausgabe. "Schöne Bücher" will ich machen, und das bedeutet, sorgsam darauf zu achten, dass Inhalt und Form zusammenpassen: Ein eBook muss anders layoutet werden als ein Taschenbuch; die Gestaltung mit Bildern erfordert die Überlegung, wie sie sich in die Geschichte einpassen lassen, ohne den Lesefluss zu stören. Ein Buch in Farbe zu gestalten kann nicht ohne Auswirkung auf den Preis bleiben.

Ja, all das ist Indie für mich: In die Reise besonderer Bücher zu investieren, Zeit, Geld, Herzblut, viel Geduld und Langmut. Und meine Gartengeschichte? Freut sich über Leser, die leise, poetische Geschichten mögen, die in keine (etablierte) Verlagsschublade passen. 
 
 
 
Neugierig? Aber gern:
 

Samstag, 15. Juni 2013

Bücher und Wasser vertragen sich nicht ...


Liebe Leserinnen, liebe Leser,


wir alle sehen täglich die Bilder der überschwemmten Dörfer und Städte … Besonders betroffen von der Flut sind auch etliche kleine Buchhandlungen. Bücher und Wasser vertragen sich nun mal gar nicht. Die Stiftung Neue Klassik hat eine Initiative ins Leben gerufen, die ich via Thoni Verlag gern unterstütze: "Fluthilfe für den Buchhandel 2013". Das Prinzip: Kleine Verlage stellen Bücher zur Verfügung, die kostenlos an Spender verteilt werden, die für die betroffenen Buchhandlungen spenden.

Der Thoni Verlag stellt jeweils fünf Exemplare der einzelnen Printausgaben des Romans "Der Garten der alten Dame" zur Verfügung, insgesamt also 15 Bücher. Alle werden signiert, auf Wunsch auch mit einer persönlichen Widmung versehen.  

Wer spenden möchte (5 Euro helfen schon!), findet hier alle Informationen:


Beste Grüße!
Nikola Hahn

PS: Ich freue mich, wenn dieser Post und die Links weiterverteilt werden ;)
 
Das sind die Bücher:



 


 


 

Sonntag, 9. Juni 2013

Wenn die Worte fehlen ...


... und sie doch tröstlich sind.


Es ist noch nicht lange her, seit ich hier über das Glück sprach, das ich empfand, als der passionierte Lyrikverleger Theo Czernik mir zu meinem Gedichtband  "Singende Vögel weinen sehen" einen persönlichen, lobenden Brief schrieb. Ende April erhielt ich eine Einladung zur Ausschreibung des diesjährigen Inge-Czernik-Förderpreises für Lyrik, der nach seiner verstorbenen Frau benannt ist. Der tiefe Brunnen weiß es wohl, so der avisierte Titel für die diesjährige Anthologie der Bewerber.
 
"Der Titel ist eine Zeile aus dem Gedicht Weltgeheimnis von Hugo von Hofmannsthal", schrieb Theo Czernik, und dass ein bestimmtes Thema für den Preis nicht vorgegeben werde, weil ein Gedicht sich dagegen sträube, gegängelt zu werden.
 
"Gedichte gehören zu Weltengeheimnissen: In einem Gedicht muss man den Atem des Dichters spüren, seine Gedanken, seine Erinnerungen, die aus einer Grauzone kommen und wie ein Menetekel gedeutet werden möchten. (...) Dichter sind der tiefe Brunnen, in dem wir viele Fragen suchen, Antworten finden, und aus dem wir unsere Träume schöpfen. Wir laden Sie ein."
 
Ob und wann das Buch erscheinen wird? Ich weiß es nicht.
 
Theo Czernik ist am 3. Juni 2013 in Speyer gestorben. Die Beerdigung findet am 10. Juni 2013 um 14.00 Uhr auf dem Friedhof in Speyer statt. Obwohl wir uns nur wenige Male persönlich begegnet sind, trifft mich sein Tod sehr.  

Wie anders als mit einem Gedicht könnte ich Abschied nehmen?

TOD.

Nicht mehr
Hier
Da
Sein

Ein einfühlsamer, schöner Nachruf findet sich hier:
http://www.morgenweb.de/region/schwetzinger-zeitung-hockenheimer-tageszeitung/hockenheim/lyriker-von-nationalem-rang-1.1063406

Sonntag, 12. Mai 2013

Immer ...

... für mich da



Dein Leben bestand aus
Gartenarbeit und Wäschewaschen,
Kaffeekochen, Einkaufstaschen,
Bügeln, Nähen, Stricken,
Häkeln, Stopfen, Sticken.
 
Deine Berufe waren
Krankenschwester und Chauffeur,
Putzfrau und Friseur,
Schneiderin, Finanzbuchhalter,
Seelenarzt für jedes Alter.
 
Deine Freizeit verging
im Winter auf der Rodelbahn
mit Schneeballschlacht und Schlittschuhfahr’n.
Im Sommer bautest Du ein Zelt,
gabst für Wassereis mir etwas Geld.
 
Du warst Experte
im Puppenankleiden und Hasenstallbau,
als Spielzeugreparateur in unser’m Bretterverhau,
im Zuhör’n, Schimpfen und Hinternversohlen:
Da hatte ich Nachbars Äpfel gestohlen.
 
An Weihnachten
backtest Du Plätzchen und Kuchen,
an Ostern halfst Du uns, Eier zu suchen.
Mengenlehre und anderen Kram
lerntest Du, als ich zur Schule kam.
 
Du halfst mir,
Liebeskummer zu verdauen,
Tränenbäche, Weltenschmerz,
gabst mir den Rat, auf die Zeit zu vertrauen:
Balsam für mein gebrochenes Herz.
 
Vergeblich war Dein Ringen,
mir Kochen beizubringen.
Ordnung muss sein!
ging auch nicht in mein Hirn hinein.
Auf die öden Haushaltspflichten
konnt’ ich liebend gern verzichten.
 
Heute sehe ich es ein:
Kinder können schrecklich sein.
Für Deine Mühe mit uns Blagen
möchte ich Dir Danke sagen.
 
 
aus: Nikola Hahn, Baumgesicht (Neuausgabe, Mai 2013)
 


Nikola Hahn - Baumgesicht

Montag, 6. Mai 2013

Bücher im Bahnhof ... oder: Wo meine Lieblingsbuchhandlung ist

Ach, was fällt mir alles Schönes ein, wenn ich das Wort „Buchhandlung“ höre:  Deckenhohe Regale  aus Holz erscheinen vor meinem Auge, prall gefüllt mit Geschichten, die darauf warten, erlesen zu werden, schmale Gänge in gemütlichen, dusteren Räume, in denen Staubflusen im Licht tanzen, die das Gefühl geben, eine geheimnisvolle Welt zu betreten, das mystische Land der Fantasie, das verborgen zwischen Buchdeckeln ruht. Alte Bücher, neue Bücher, große, kleine, dicke, dünne, Taschenbücher, Schmuckausgaben: Ein Maximum an gedruckter Vielfalt auf einem Minimum an Raum, der Geruch nach Papier und Bindeleim – das sind die Erinnerungen aus meiner Kindheit, die ich mitnahm ins Erwachsenenleben. Ich träumte sie noch,  als ich längst in hellen, modern eingerichteten Buchhandlungen als Autorin zu Gast war – wie viele schöne Begegnungen gab es dort, wie viele inspirierende, interessante Gespräche durfte ich führen!
 
Und welche von all den vielen ist nun meine Lieblingsbuchhandlung? Eine schwere, eine ungerechte, eine wunderbare Frage! Weil sie mich zwingt nachzudenken darüber, was Menschen ausmacht, die Bücher nicht nur verkaufen, sondern lieben! An den Orten meiner Erinnerung finde ich sie, ohne Zweifel. Und nach mehr als einhundert Lesungen, die ich im Laufe der Jahre durchgeführt habe, kann ich sagen, dass es unzählige Bücherorte und viele Büchermenschen gibt, die ich sehr mag. Aber bevor ich meine Wahl treffe, möchte ich die Seite wechseln, überlegen, was ich in meiner Erinnerung als nicht so passend, als nicht so gemütlich, nicht so inspirierend abgespeichert habe. Eine Bahnhofsbuchhandlung zum Beispiel: Nett, dass es sie gibt, denn man kann, wenn man auf Reisen ist, schnell mal reinschauen und sich mit Lektüre versorgen. Na gut, die Auswahl ist großteils auf gängige Ware beschränkt, und man muss schon wissen, was man will, weil die Leute, die da Bücher verkaufen, ohnehin meist keine Ahnung von Literatur haben. Die gestapelten Bestseller, die sich am Eingang finden – ach, nö. Und der Grabbeltisch mit den Billigausgaben? Als Leserin gehe ich neugierig hin, wühle und hoffe, ein Schnäppchen zu machen; als Autorin spüre ich Trauer und Schmerz, eins meiner „Buchkinder“ zu entdecken, an dem ich jahrelang  gearbeitet habe, Knick im Rücken, Remittenden-Stempel, Ramsch. Ein Ort zum Träumen? Eine Lieblingsbuchhandlung gar? Sicher nicht.
 
Nein, es war nicht schwer, meine Wahl zu treffen: Es ist der Buchmarkt Hauptbahnhof Frankfurt am Main! Ich habe eine Lieblingsbuchhandlung, deren Inhaber ich nicht persönlich kenne, deren Interieur ich bislang nur via Facebook angeschaut habe, ein Laden, versteckt in der B-Ebene eines lauten Bahnhofs, in dem es all das nicht gibt, was für mich eine Buchhandlung immer zu einem Zauberort werden ließ. Es ist eine neue Geschichte, die ich jetzt erzählen will, erzählen muss, und sie hat mit der Wandlung aller Dinge zu tun, die wir Zukunft nennen, sie hat zu tun mit den Wegen der Bücherfreunde durchs Netz, mit den verschlungenen Pfaden, auf denen sich Online- und Offline-Welt immer mehr verzahnen und verweben.
 
Auf der Startseite bei Facebook fällt mir ein Eintrag auf: Das Team einer kleinen Buchhandlung will ein Regal ausschließlich mit Literatur deutscher Schriftsteller bestücken. Unsere deutschen Autoren, so lautet die Überschrift, zwei schwarzrotgoldene Fähnchen werden virtuell dazugeklebt, um die Intention deutlich zu machen: Wir, so sagt das kleine Team aus dem Souterrain, wir lieben Bücher, alle Bücher – aber wir möchten unseren deutschen Autoren, von denen wir mit vielen auch in persönlichem Kontakt stehen, einfach mal Danke sagen, mit einem Büchergruß, der ins Auge fällt – keine Auswahl bezüglich des Genres wird getroffen, kein Unterschied wird gemacht zwischen der Bestsellerin und dem Newcomer.
 
Wir mögen Euch!, erklärt das kleine Team – und erntet einen Shitstorm. Deutschtümelei, verkappte Nazis, und was man eben so schreibt, wenn das Gutmenschenherz mal wieder online überquillt. Erschrocken ist das kleine Bücherteam, vier Menschen, die sich abwechselnd sieben Tage in der Woche in ihrer Buchhandlung die Beine in den Bauch stehen und sich trotzdem die Zeit nehmen, auch online über ihre Bücher, ihre Autoren zu reden, die nicht nur, wie so viele, irgendeine lieblose Facebook-Seite generiert haben, weil man eben sozial netzwerken muss heutzutage, sondern die mit jedem Post eine Liebeserklärung ans Lesen, an Bücher, an „ihre“ Autoren machen, weltoffen, provinziell, kitschig, gediegen, lustig, ernst, Schmöker, Literatur; der ausgepackte Stapel von Remittenden hier, der Hinweis auf Werke der Klassik dort, so kunterbunt, so widersprüchlich, so respektlos-fröhlich wie die Welt eben ist: der Kosmos eines großen Bahnhofs in Bücherstapeln ausgedrückt.
 
Entsetzt ist das engagierte Quartett über die Vorwürfe, sie treffen ins Herz; man versucht zu beschwichtigen, sich zu rechtfertigen. Es sei doch nur ein einziges Regal im Laden, nur eine gute Absicht, einfach ein kleines Dankeschön. Zum Glück lässt sich das Team nicht schrecken, na gut, die Fähnchen lassen sie dann doch weg am (realen) Regal, aber die deutschen Autoren bekommen ihr exklusives Plätzchen, und auf der Facebookseite gibt`s für jeden eine Gratiswerbung dazu, eine Auswahl der Bücher, ein Statement des Bücherteams, und Platz für den Autor zu sagen, warum er schreibt, was er schreibt. Auch hier: Bunt ist die Autoren-Bücher-Mischung, frei von jedem Dünkel, E neben U – was, bitte, sind E und U?
 
Ich mache mit, freue mich, Teil eines so hübschen Potpourris zu werden, ein netter eMail-Kontakt entwickelt sich.  Jeden Abend schlendere ich nun online durch den Laden, schaue mir die neuen Bilder an, lese, kommentiere, bin neugierig auf die Autorenkollegen, die vorgestellt werden, und auf ihre Bücher. Neues entdecke ich, Spannendes, tauche ein in fremde Welten, obwohl ich meine gar nicht verlasse. Und ich erinnere mich an die Anfänge meiner Schriftstellerkarriere. An die Buchhandlung, in der ich immer so gern gestöbert hatte, und die mein Debüt nicht haben wollte. Nicht mal ein einziges Exemplar in Kommission. Wie gut hätte es der jungen, unerfahrenen Autorin damals getan, ein bisschen Unterstützung zu bekommen von „ihrem“ Buchhändler vor Ort.
Es gibt ein Dutzend Gründe für das Nein, nachvollziehbare, für mich heute sogar durchaus einsichtige Gründe. Und doch: Warum tut es dann diese Buchhandlung im Souterrain des Frankfurter Hauptbahnhofs, vier Bücherleute, die diese Gründe genausogut benennen könnten, die sich sogar beschimpfen lassen mussten für ihr Engagement, das ihnen außer ein paar virtuellen Fans und ein bisschen Öffentlichkeit ökonomisch wohl nichts und ansonsten nur Arbeit einbringt?
 
In einer Welt, in der sich alles ändert, alles im Fluss, im Umbruch ist, darf und muss man Erinnerungen bewahren, aber es ist auch an der Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden, sich auf das zu konzentrieren, was wichtig ist: Menschen zu treffen, die Bücher lieben! Offline wie online. Noch Fragen, warum ich nicht lange überlegen musste, ausgerechnet eine Bahnhofsbuchhandlung zu meinem Liebling zu erklären?
 

Buchmarkt Hbf Frankfurt am Main
Hauptbahnhof, B-Ebene
60329 Frankfurt

https://www.facebook.com/BSVFrankfurt


- Geschrieben für den Blog von Jannis zum Thema "Autoren und ihre Lieblingsbuchhandlung", 5. Mai 2013 -
 

NACHTRAG vom 27. Februar 2014

Es ist schade, dass so oft die Engagierten, Leidenschaftlichen, Besonderen gehen müssen. Ja, den Laden wird es auch im März noch geben, aber mit dem Februar geht die Seele, und der Rest wird Makulatur sein. Ich wünsche Mandy und ihrem Team alles Gute und Liebe! Auf dass ganz viele Autoren und Leser den Weg, wenn schon nicht mehr im realen Leben, so doch wenigstens virtuell in "Deinen" Laden finden mögen, Mandy!