"Wann immer Eli dieser Tage in
den Garten kam, führte ihr erster Weg zur Terrasse, außer an einem Mittag im
frühen Juni. Sprachlos stand sie da und staunte: All das Gestrüpp mit seinen
Dornenranken, das grüne Gewirr, das die Bäume und Sträucher durchwuchs, den
Pavillon bedeckte, die Mauer und die Pergola unter sich begrub und über die
Terrasse bis aufs Dach des alten Hauses hinaufwucherte, all das Hässliche und
Stachlige, über das sie so oft geschimpft hatte, weil es die Blumen erstickte,
weil sie sich die Hände daran aufriss und die Kleider, wenn sie nicht aufpasste,
das alles war über Nacht zu einem vieltausendblättrigen Blütenmeer aus zartem
Rosé und sattem Rosa, aus kräftigem Rot und strahlendem Weiß, aus Crème- und
Sonnenaufgangsgelb geworden. Als hätte ein Maler die Farben von Sonne und Mond,
Feuer und Schnee zu immer neuen Nuancen auf seiner Palette gemischt und so satt
auf grünen Grund getupft, bis sogar Elis Regenbogenbeet nur mehr ein Klecks
darin war. Und als Firnis hatte er einen süßen Duft mit einem Hauch
frischgeriebener Zitrone darüber gelegt. Selbst Nikodemus strahlte: Die Rosen
blühten – der Sommer war da!"
aus: Nikola Hahn, der
Garten der alten Dame
Eine der häufigsten Fragen, die Leser und Journalisten Schriftstellern stellen, ist die, woher man "die Idee" nehme. Für meinen Roman "Der Garten der alten Dame" lag diese Idee sozusagen direkt vor der Haustür. Hier der Beweis:
Der Garten ...