Montag, 22. Oktober 2012

Die Startbahnmorde. Eine Erinnerung.


In meinen vorangegangenen Posts habe ich erwähnt, dass ich während der vergangenen Wochen "Korrektur gelesen habe". Heute ist das Buch erschienen, das zugleich mein persönlichstes geworden ist - und ein wesentlicher Grund dafür war, warum ich den Thoni Verlag gegründet habe: Ich wollte dieses Buch so schreiben und vor allem so gestalten, wie ich es der Sache für angemessen halte.  
 
Nach meiner Ausbildung zur Polizeibeamtin wurde ich im Herbst 1986 in die III. Bereitschaftspolizeiabteilung nach Mühlheim am Main versetzt. Vor allem Einsätze rund um den Frankfurter Flughafen gehörten damals zu meinem Berufsalltag, auch am 2. November 1987, als an der Startbahn West zwei meiner Kollegen erschossen und weitere durch Schüsse zum Teil schwer verletzt wurden. Die meisten kannte ich persönlich, hatte mit ihnen viele gemeinsame Einsätze gefahren.
 
 
Im Sommer 2006 fragte mich eine Lehrerin, ob ich für ein Medienprojekt des Hessischen Rundfunks, „Mein Jahrzehnt – Schüler führen selbst Regie“, als Interviewpartner zur Verfügung stünde. Die Schüler einer Video-AG drehten einen Film über die 1980er Jahre, und sie wollten mich zu den Demonstrationen an der Startbahn West am Frankfurter Flughafen befragen. Ich sagte gerne Ja, aber es war ein seltsames Gefühl, plötzlich zur Zeitzeugin zu werden. 

Ich war mir sicher, dass ich so gut wie nichts von jenen Ereignissen im Herbst 1987 vergessen hatte, aber meine Erinnerung trog. Als ich meine alten Tagebücher las, die ich seit so vielen Jahren nicht mehr angerührt hatte, war es wie eine Offenbarung: Ich reiste in ein Land, von dem ich zu lange fort war, um mich daheim zu fühlen, und in dem ich zu lange und zu intensiv gelebt hatte, um Distanz haben zu können. Die junge Polizistin, die in jenem Sommer beruflich und privat nach ihrem Weg suchte, war mir fremd geworden. Und doch so nah.

Meine Aufzeichnungen über die Ereignisse unmittelbar vor und nach den tödlichen Schüssen an der Startbahn habe ich auszugsweise für das erwähnte Schülerprojekt zur Verfügung gestellt. Aber das war nur ein Teil der Geschichte. Die Erinnerung verdrängt nur zu gern die leisen zwischen den lauten Tönen, Skurriles, Lächerliches, berührende und peinliche Momente, die doch dazugehören. Jene Tage waren mehr als nur eine dienstliche Zäsur. 

Die "Startbahnmorde" gingen in die Geschichte ein, denn zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik wurden Polizeibeamte bei einer Demonstration erschossen. 25 Jahre sind seitdem vergangen. Zeit, zurückzuschauen: "Die Startbahn" ist auch meine Geschichte - und die Erinnerung an eine Zeit, die alle, die dabei waren, fürs Leben geprägt hat.
 
Fotos und eine Lesesprobe sind auf der Seite des Thoni Verlags eingestellt. Dort könnt Ihr Eure Leseeindrücke auch kommentieren. Ich bin gespannt.
 
http://www.thoni-verlag.eu/belletristik-poesie/

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